„Sterbefasten“ – Versionsunterschied
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{{Hinweis Suizid}}
Das '''Sterbefasten''' (auch: '''FVNF''' ''Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit'' oder '''FVET''' ''Freiwilliger Verzicht auf Essen und Trinken'') wird vielfach als eine humane Form des [[Suizid]]s angesehen. Dabei hört
== Zum Begriff ==
In der [[Palliativmedizin]] lautet der Begriff „Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit“ bzw.
Statt FVNF hat [[Anton van Hooff]] den Parallel-Begriff '''Inedia''' erstmals systematisch benutzt.<ref>Anton van Hooff: ''From autothanasia to suicide. Self-killing in classical antiquity.'' Routledge, London 1990.</ref> In der antiken Literatur findet neben Inedia auch das alt-griechische Gegenstück
Im religiösen Bereich wird das Verfahren als ''Inedia prodigiosa'' oder [[Anorexia mirabilis]] beschrieben. Im Englischen wird Inedia als Fachbegriff für das esoterische oder religiöse, lebenslange Fasten, manchmal auch ohne Wasserzufuhr benutzt. Hier wird als Lebensquelle oft eine [[Lichtnahrung]] oder ein göttliches Wunder behauptet. Inedia ist auch beim [[Senizid]] eine Methode für alte Menschen, um im Opfertod still aus dem Leben zu scheiden.
== Hintergrund ==
Es gehört zum [[Sterben|Sterbeprozess]], dass häufig zunächst die Nahrungs- und später auch die Flüssigkeitsaufnahme reduziert und dann ganz eingestellt werden.<ref>C. Rayment, J. Ward: ''Care of the dying patient in hospital.'' In: ''Br J Hosp Med, London.'' 8, 2011, S. 451–455.</ref> Die Aufnahme von auch nur geringen Mengen Flüssigkeit, beispielsweise bei der Medikamenteneinnahme, verzögert das Sterben.<ref>[https://www.patientenverfuegung.de/pv/PDF%20Dateien/Terman-Interview5.pdf Stanley A. Terman (Medical und Executive Director bei Caring Advocates) im Interview, S. 8.] (PDF) patientenverfuegung.de; abgerufen am 9. Dezember 2014.</ref><ref name="KNMG Tabelle" /> [[Boudewijn Chabot]] und Christian Walther zufolge könne man bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr durch Trinken viele Wochen auf Nahrung verzichten, ohne dadurch den Tod herbeizuführen.<ref name="Boudewijn Chabot & Christian Walther">Boudewijn Chabot, Christian Walther: ''Ausweg am Lebensende.'' 2012, S. 49.</ref> Sterbefasten beruht auf einer bewussten, freiwilligen Entscheidung. Es kann zumindest in der ersten Woche wieder beendet werden, ohne dass mit bleibenden Schäden zu rechnen ist, während andere Selbsttötungsmethoden meist den sofortigen Tod nach sich ziehen oder beim Überleben zu zum Teil massiven Einschränkungen führen können.<ref name="Boudewijn Chabot & Christian Walther" />
Bei konsequenter Durchführung dieses freiwilligen Verzichts auf Nahrung und Flüssigkeit ist –
Von Außenstehenden wird das Sterben durch konsequentes Vermeiden einer Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme überwiegend als sanfter Vorgang empfunden. Eine Befragung von Pflegenden aus [[Hospiz]]- und Palliativeinrichtungen 2001 in [[Oregon]], die ein solches Sterben begleitet hatten, ergab, dass sie den Sterbeprozess im Durchschnitt als sehr gut und friedlich erlebt hatten.<ref>Ralf J. Jox: ''Sterben lassen – Über Entscheidungen am Ende des Lebens.'' rororo, Reinbek 2013, S. 197.</ref> In den Fragebögen für die 126 Krankenschwestern waren unterschiedliche Kategorien („suffering, pain, peacefulness“) abgefragt worden. Insgesamt beurteilten sie auf einer Punkteskala von null bis neun („schrecklich“ bis „friedlich“) den letzten halben Monat des individuellen Sterbeverlaufs mit acht Punkten.<ref>Linda Ganzini, Elizabeth Goy u. a.: [http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMsa035086#t=article ''
Eine ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]''-Rezension des Buches ''Ausweg am Lebensende: Sterbefasten'' von Chabot und Walther setzt sich hingegen kritisch mit dem propagierten Konzept des sogenannten Sterbefastens auseinander: So seien „Magersüchtige und [[Hungerstreik]]ende“ gemäß dem Buch vom Sterbefasten ausgenommen, da das Konzept „für junge Menschen unerträgliche Qualen bedeute“, während den „Alten“ ein Sterben angeboten werde, welches „nicht ganz frei von Leiden“ sei.<ref>[
▲Eine ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]''-Rezension des Buches ''Ausweg am Lebensende: Sterbefasten'' von Chabot und Walther setzt sich hingegen kritisch mit dem propagierten Konzept des sogenannten Sterbefastens auseinander: So seien „Magersüchtige und [[Hungerstreik]]ende“ gemäß dem Buch vom Sterbefasten ausgenommen, da das Konzept „für junge Menschen unerträgliche Qualen bedeute“, während den „Alten“ ein Sterben angeboten werde, welches „nicht ganz frei von Leiden“ sei.<ref>[http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/sterberatgeber-heilsterben-11826770.html ''Heilsterben.''] ''faz.net'', 20. Juli 2012.</ref>
== Voraussetzungen ==
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Wenn dem Körper keine Nahrung zugeführt wird, kommt es nach ein bis zwei Tagen zum sogenannten [[Hungerstoffwechsel]], bei dem so wenig Energie wie möglich verbraucht wird. Gleichzeitig legt sich das Hungergefühl. Die Eiweiß- und Fettreserven des Körpers werden allmählich aufgelöst; es kommt zum Muskelschwund. Bei diesen Stoffwechselvorgängen bilden sich [[Ketonkörper]] wie [[Aceton]]. Bei längerem Fasten schüttet der Körper [[Endorphine]] aus, was das Hungern erträglicher macht und zu euphorischen Gefühlszuständen führen kann. Pro Tag verlieren Fastende im Durchschnitt etwa 400 Gramm Gewicht; anfangs vor allem Wasser, später dann Eiweiß (und damit Muskelsubstanz).
Bei Verzicht auf die zum Erhalt der Stoffwechselfunktionen nötigen ca. 25 ml Wasser pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag kommt es zur [[Exsikkose|Austrocknung]], die sich ab einem Wasserverlust von drei Prozent als Durst äußert. Ab ca. zehn Prozent können Sprach- und Gangstörungen auftreten. Eine gute Mund- und Schleimhautpflege, z. B. durch halbstündiges Mundausspülen, kann Symptome wie Durstgefühl und [[Mundtrockenheit]] (Xerostomie) lindern. Hingegen führt eine Flüssigkeitszufuhr über eine Infusion nicht zwangsläufig zu einer Minderung des Durstgefühls.<ref>F. Oehmichen u. a.: {{Webarchiv |url=https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/073_D_Ges_fuer_Ernaehrungsmedizin/073-Ethik_Recht_S3_Klinische_Ern%C3%A4hrung_2013-08.pdf
Schwerkranke, deren Immunsystem durch die Erkrankung oder deren Behandlung (z. B. [[Zytostatikum|Therapie mit Zytostatika]]) beeinträchtigt ist, neigen zusätzlich zu Entzündungen und Pilzinfektionen wie [[Mukositis]] und [[Kandidose|Soor]]. Durch die Austrocknung haben die Nieren zu wenig Flüssigkeit, um ihre Ausscheidungsfunktion aufrechtzuerhalten. Es kommt zum [[
== Weitere Symptome ==
Wie häufig auch beim krankheitsbedingten Sterben treten bei fortschreitender Abmagerung und Austrocknung ([[Exsikkose]], [[Dehydrierung]]) weitere Symptome auf. Dazu zählt zunehmende Schwäche, die letztendlich in die [[Bettlägerigkeit]] führt, mit den damit einhergehenden Risiken des [[Dekubitus|Wundliegens]] und von [[Kontraktur]]en. Beim Aufstehen kommt es vermehrt zu einem Schwindelgefühl ([[Orthostase]]), da sich der Blutkreislauf auf die wichtigen Organe zurückzieht und die periphere Durchblutung nachlässt. Füße, Arme und Hände werden kalt und können sich verfärben, insbesondere die Beine erscheinen „marmoriert“. Die Urinmenge ist reduziert ([[Oligurie]]), die Kontrolle über die Ausscheidung geht eventuell verloren ([[Harninkontinenz|Inkontinenz]]); in selteneren Fällen kommt es zu schmerzhaftem [[Harnverhalt]], was durch Anlage eines [[Blasenkatheter]]s behoben werden kann.
Müdigkeit und Teilnahmslosigkeit steigern sich bis zur [[Apathie]], Schlafphasen werden häufiger und verlängern sich ([[Somnolenz]]), die seltener werdenden Wachphasen können von Verwirrtheit und Unruhe geprägt sein.<ref>M. Kern, F. Nauck: ''Letzte Lebensphase.'' In: Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (Hrsg.): ''Handreichung Palliative Care und Hospizarbeit.'' Stand 11/2006</ref> Daneben können, vor allem im Zusammenhang mit fieberhaften Infektionen, [[Muskelkrampf|Muskelkrämpfe]] auftreten.<ref>Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.): [https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-037l_S1_Crampi_Muskelkrampf_2017-05.pdf ''Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie – Crampi/Muskelkrampf.''] (PDF) September 2016, S. 4.</ref>
Diese Symptome lassen sich in der Regel durch [[palliativmedizin]]ische und -[[Palliativpflege|pflegerische]] Therapie und Unterstützung lindern. Andere Symptome beruhen auf eventuell vorhandenen Grunderkrankungen und müssen unter Umständen entsprechend weiter [[palliativ]] behandelt werden.
== Ethische Bewertungen und gesellschaftliche Akzeptanz ==
Der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit ist unabhängig von der Hilfe anderer und gilt meist als eine Form der unnatürlichen Selbsttötung oder des passiven Senizids.<ref>Dieter Birnbacher: ''Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit = „passiver“ Suizid – was folgt?'' In: Michael Coors, Alfred Simon, Bernd Alt-Epping (Hrsg.): ''Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit.'' Stuttgart: Kohlhammer 2019.</ref>
Hintergrund ist, dass der Verzichtende sein nahendes Lebensende akzeptiert oder aber eine dezidierte Suizidabsicht verfolgt. Abhängig davon fällt das Geschehen unter ''Begrenzung lebenserhaltender Maßnahmen'' oder unter den Aspekt der [[Suizidhilfe]]. Die Arbeitsgruppe „Ethik am Lebensende“ in der Akademie für Ethik in der Medizin e. V. (AEM) plädiert, ungeachtet der Zuordnung im Einzelfall, für die Anwendung derselben Entscheidungskriterien, die für die Suizidhilfe erarbeitet wurden.<ref>G. Neitzke, M. Coors, W. Diemer, P. Holtappels, J. F. Spittler, D. Wördehoff: ''Empfehlungen zum Umgang mit dem Wunsch nach Suizidhilfe.'' Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2013. [[doi:10.1007/s00481-013-0256-6]]</ref> Das Sterbefasten kann als passiver Suizid eingestuft werden, da dabei keine aktive Handlung ausgeführt wird. Es ist ein autonomes Gestalten des Sterbeprozesses, das im Unterlassen der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme besteht.<ref name="Dieter Birnbacher" />
Das gesellschaftliche Verhältnis zu Themen der [[Sterbehilfe]] ist gespalten;<ref>S. Schäfer: ''Fasten als letzte Lösung.'' In: ''[[Die Zeit
== Rechtliche Einordnung und Positionen ==
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{{Zitat
|Text=Das Sterben darf durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung ermöglicht werden, wenn dies dem Willen des Patienten entspricht. Dies gilt auch für die künstliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr.
|ref=<ref>F. Nauck, Ch. Ostgathe, L. Radbruch: ''Ärztlich assistierter Suizid: Hilfe beim Sterben – keine Hilfe zum Sterben.'' In: ''[[Deutsches Ärzteblatt]]
=== Kontroverse um § 217 StGB ===
Seit dem 10. Dezember 2015, mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung,<ref>{{BGBl|2015 I S. 2177}}</ref>
Der § 217 StGB wurde durch das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 26. Februar 2020 für verfassungswidrig und somit für [[nichtig]] erklärt.<ref>{{Internetquelle |autor=2 Senat Bundesverfassungsgericht |url=https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/02/rs20200226_2bvr234715.html |titel=Bundesverfassungsgericht – Entscheidungen – Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig |datum=2020-02-26 |sprache=de |abruf=2020-02-27
▲Seit dem 10. Dezember 2015, mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung,<ref>{{BGBl|2015 I S. 2177}}</ref> wurde jedoch mit § 217 StGB die zuvor straffreie Förderung der Selbsttötung eines Dritten unter Strafe gestellt, soweit dies geschäftsmäßig geschehe. Die strafrechtliche Wissenschaft kommt überwiegend zu dem Ergebnis, dass damit eine geschäftsmäßige Hilfe beim Sterbefasten durch Hospize, Pflegeheime und Ärzte strafbewehrt und rechtswidrig ist.<ref>[[Frank Saliger]]: ''StGB § 217 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung.'' In: U. Kindhäuser, U. Neumann, H.-U. Paeffgen (Hrsg.): ''Strafgesetzbuch.'' (= ''NomosKommentar''). 5. Auflage. Nomos, Baden-Baden 2017, Rn. 31.</ref><ref>[[Torsten Verrel]]: ''Suizidbeihilfe – geschäftsmäßig verboten, im Einzelfall erlaubt? Kritische Anmerkungen zu § 217 StGB.'' In: ''[[Gesundheit und Pflege]].'' 2016, S. 45, 48.</ref> Eine konsequente Umsetzung dieser Interpretation würde nach Ansicht des Rechtstheoretikers Eric Hilgendorf „die Hospiz- und Palliativarbeit im bisherigen Sinne unmöglich machen“.<ref>Eric Hilgendorf: ''Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 23. September 2015.'' S. 14. [https://www.bundestag.de/blob/387792/03e4f59272142231bb6fdb24abe54437/hilgendorf-data.pdf (bundestag.de] abgerufen am 8. August 2017)</ref> Die [[Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin]] (DGP) sieht im § 217 hingegen keine Gefahr für die Palliativversorgung; würden bestimmte Behandlungsmaßnahmen beendet, sei das „zwar auch eine Form der ‚Sterbehilfe‘“, in erster Linie stellten sie aber einen „Abbruch einer vom Patientenwillen nicht mehr getragenen ärztlichen Behandlung dar“; das „sogenannte Sterbefasten […] medizinisch zu begleiten – und gegebenenfalls die erforderliche Basisversorgung zur Linderung von Durst- und Hungergefühlen zu leisten“, sei ebenfalls keine strafbare Handlung. Die behandelnden Ärzte unterließen hier eine „[…] ausdrücklich abgelehnte medizinische Behandlung (Ernährung über Sonde oder durch Infusionslösungen). Es werde keine Beihilfe zum Suizid geleistet, sondern es würden insbesondere belastende Symptome gelindert.“<ref>{{Webarchiv|url=https://www.dgpalliativmedizin.de/startseite/deutsche-gesellschaft-fuer-palliativmedizin-betont-217-ist-keine-gefahr-fuer-die-palliativversorgung.html |wayback=20170808195247 |text=''Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) unterstreicht: § 217 ist keine Gefahr für die Palliativversorgung!'' dgpalliativmedizin.de, 17. Februar 2017}}; abgerufen am 8. August 2017.</ref><br />Zum Umgang mit geäußerten Sterbewünschen von Patienten empfiehlt die DGP unter anderem, den freiwilligen Verzicht auf Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme dem Patienten als „mögliche Alternative“ zuzugestehen.<ref>''Ärztlich assistierter Suizid – Reflexionen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin.'' Januar 2014, S. 11–12. [https://www.dgpalliativmedizin.de/images/stories/140128_%C3%A4rztsuizid_online.pdf (dgpalliativmedizin.de)]</ref>
=== Position der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin ===
▲Der § 217 StGB wurde durch das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 26. Februar 2020 für verfassungswidrig und somit für [[nichtig]] erklärt.<ref>{{Internetquelle |autor=2 Senat Bundesverfassungsgericht |url=https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/02/rs20200226_2bvr234715.html |titel=Bundesverfassungsgericht – Entscheidungen – Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig |datum=2020-02-26 |abruf=2020-02-27 |sprache=de}}</ref>
Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin legte 2019 ein Positionspapier zum freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken (FVET) vor. Darin wird der Standpunkt vertreten, dass FVET nicht als Suizid, aber auch nicht als Therapieverzicht zu bewerten sei. Essen und Trinken seien keine Behandlungen im medizinischen Sinne, damit wäre auch der FVET kein Unterlassen der
Behandelnden.<ref>[https://www.dgpalliativmedizin.de/phocadownload/stellungnahmen/DGP_Positionspapier_Freiwilliger_Verzicht_auf_Essen_und_Trinken%20.pdf ''Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zum freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken''.] (PDF; 0,2 MB) Dgpalliativmedizin.de, Stand 7. Februar 2019, S. 5; abgerufen am 10. Januar 2024.</ref> Der FVET wird eher als eigene Handlungskategorie ([[Sui generis]]) betrachtet.<ref>[https://www.dgpalliativmedizin.de/phocadownload/stellungnahmen/DGP_Positionspapier_Freiwilliger_Verzicht_auf_Essen_und_Trinken%20.pdf ''Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zum freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken''.] (PDF; 0,2 MB) Dgpalliativmedizin.de, Stand 7. Februar 2019, S. 2; abgerufen am 10. Januar 2024.</ref> Die Inhalte des Positionspapiers beschränkten sich aber auf Patienten mit „lebensbedrohlichen oder lebenslimitierenden“ Erkrankungen und seien „nicht ohne weiteres auf andere Gruppen übertragbar, zum Beispiel auf alte, multimorbide oder gebrechliche Menschen ohne schwere Erkrankungen oder gesunde Menschen, die des Lebens müde sind.“ Ein schwerkranker Mensch, der durch Verzicht auf Essen und Trinken seinen Tod herbeiführen möchte, sollte nicht gegen seinen Willen ernährt werden.<ref>[https://www.dgpalliativmedizin.de/phocadownload/stellungnahmen/DGP_Positionspapier_Freiwilliger_Verzicht_auf_Essen_und_Trinken%20.pdf ''Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zum freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken''.] (PDF; 0,2 MB) Dgpalliativmedizin.de, Stand 7. Februar 2019, S. 3; abgerufen am 10. Januar 2024.</ref>
== Kirchliche Einordnungen und Positionen ==
Die [[römisch-katholische Kirche]] bezeichnet den Suizid als eine schwere Verfehlung sowohl gegen die Eigenliebe als auch die Nächstenliebe. Zudem stehe er im Widerspruch gegen die Liebe Gottes, da der Mensch verpflichtet sei, sein Leben dankbar entgegenzunehmen und zu bewahren. Der Mensch sei nur Verwalter, nicht Eigentümer des anvertrauten Lebens, er dürfe darüber nicht verfügen. Die freiwillige Beihilfe zum Selbstmord verstoße gegen das sittliche Gesetz.<ref>
Anlässlich der Debatte über die Gesetzesinitiative zum Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung äußerte sich der Rat der [[Evangelische Kirche in Deutschland|Evangelischen Kirche in Deutschland]] im November 2012 dahingehend, dass die Selbsttötung eines Menschen aus christlicher Perspektive grundsätzlich abzulehnen sei, weil das Leben als eine Gabe verstanden werde, über die der Mensch nicht eigenmächtig verfügen solle. Allerdings schließe „die generelle Ablehnung nicht aus, dass Menschen in einer extremen Not- und Ausnahmesituation zu einer anderen Entscheidung kommen können“, die ein Außenstehender nicht ermessen könne und die es zu respektieren gelte.<ref>''Wenn Menschen sterben wollen – Eine Orientierungshilfe zum Problem der ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung.'' [https://www.ekd.de/ekd_texte_97_3.htm (www.ekd.de)]</ref> Jede Form organisierter Suizidbeihilfe sei allerdings abzulehnen.<ref>''Jede Form organisierter Suizidbeihilfe ist abzulehnen!'' [https://www.ekd.de/pm249_2012_suizidbeihilfe_ist_abzulehnen.htm (www.ekd.de)]</ref>
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== Literatur ==
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* J. Zimmermann, R. Zimmermann:
* P. Kaufmann, M. Trachsel, Ch. Walther:
* B. Chabot, Ch. Walther
* M. Coors, A. Simon, B. Alt-Epping (Hrsg.
* Ch. zur Nieden
* J. Bickhardt, R. M. Hanke
* W. Putz, B. Steldinger
* B. Chabot
* R. J. Jox
* [[Peter Godzik]]
* J. K. Schwarz
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* E. R. Goy, L. L. Miller, T. A. Harvath, A. Jackson, M. A. Delorit
* J. Jacobs (2003). ''Death by Voluntary Dehydration: What Caregivers say.'' In: ''[[The New England Journal of Medicine]]
* T. E. Quill, B. Lo, D. W. Brock
* C. Justice (1995). ''The “Natural” Death While Not Eating: A Type of Palliative Care in Banaras, India.'' In: ''Journal of Palliative Care
* B. L. Bernat, B. Gert, R. P. Mogielnicki
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* {{Internetquelle
|url=https://www.sterbefasten.org/index.php |titel=Webseite „Sterbefasten“ |abruf=2023-02-26}} * {{Internetquelle
|url=http://www.medienprojekt-wuppertal.de/v_184
|titel=Sterbefasten – Freiheit zum Tod
|hrsg=Medienprojekt Wuppertal
* N. Ivanović, D. Büche, A. Fringer: ''Voluntary stopping of eating and drinking at the end of life – a 'systematic search and review' giving insight into an option of hastening death in capacitated adults at the end of life.'' In: ''BMC palliative care.'' Band 13, Nummer 1, Januar 2014, S. 1, {{DOI|10.1186/1472-684X-13-1}}, PMID 24400678, {{PMC|3893440}}.▼
|datum=2013
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* {{Internetquelle
|autor=[[Dieter Birnbacher]]
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|titel=Sterbefasten – eine ethische Bewertung
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* {{Internetquelle
|url=https://www.dyingwishmedia.com/
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▲* N. Ivanović, D. Büche, A. Fringer: ''Voluntary stopping of eating and drinking at the end of life – a 'systematic search and review' giving insight into an option of hastening death in capacitated adults at the end of life.'' In: ''BMC palliative care.'' Band 13, Nummer 1, Januar 2014, S. 1,
* {{Internetquelle
|autor=Judith K. Schwarz
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* {{Internetquelle
|autor=Waltraud Schwab
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|titel=„Sie wollte Selbstständigkeit bis zuletzt“
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* {{Internetquelle
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|kommentar=Filmdokumentation: Christiane zur Nieden im Gespräch}}
* {{Internetquelle
|autor=Ursula Reinsch
|url=https://www.deutschlandfunk.de/streitfall-sterbefasten-wenn-menschen-ihr-leben-durch.886.de.html?dram:article_id=471074
|titel=Streitfall Sterbefasten – Wenn Menschen ihr Leben durch Nahrungsverzicht beenden
|werk=[[Deutschlandfunk]]-Sendung „Tag für Tag“
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|kommentar=auch als [https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2020/02/26/streitfall_sterbefasten_dlf_20200226_0946_bdd06919.mp3 mp3-Audio], 9,4 MB, 10:15 Minuten}}
* {{Internetquelle
|autor=Christian Walther, Peter Kaufmann
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|titel=Zur Geschichte des Begriffs «Sterbefasten»
|werk=sterbefasten.org
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== Einzelnachweise ==
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