„63. Sinfonie (Haydn)“ – Versionsunterschied

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Die '''Sinfonie Nr. 63 C-Dur „La Roxelane“''' ist ein Werk von [[Joseph Haydn]], das teilweise aus für andere Zwecke komponiertem Material vom Komponisten zusammengesetzt wurde.
Die '''Sinfonie Nr. 63 C-Dur „La Roxelane“''' komponierte [[Joseph Haydn]] um 1778/1779, griff für den ersten Satz aber auf eine Opernouvertüre von 1777 zurück. In der älteren Literatur wurden von der Sinfonie zwei Fassungen unterschieden.


== Entstehung ==
== Allgemeines ==
[[Datei:Potraithaydn2.jpg|thumb|250px|Joseph Haydn]]
[[Datei:Haydnportrait.jpg|mini|hochkant|Joseph Haydn (Gemälde von Ludwig Guttenbrunn, um 1770)]]


Den ersten Satz diese Sinfonie hat Haydn mit Veränderungen der Instrumentierung aus der [[Ouvertüre]] zu seiner Oper ''[[Il mondo della luna (Haydn)|Il mondo della Luna]]'' von 1777 übernommen. Der zweite Satz trägt den Titel „Die Roxolana“, „La Roxolana“<ref name="Fisher"> Stephen C. Fisher, Sonja Gerlach: ''Sinfonien um 1777–1779.'' In: Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): ''Joseph Haydn Werke.'' Reihe I, Band 9. G. Henle-Verlag, München 2002, Seite XIII ff. sowie 272 ff.</ref> (auch: „Roxolane“<ref name="Fisher"/> oder „Roxelane“)<ref name="Newston"> Harry Newstone: ''Symphony No. 63 in C (La Roxelane).'' Ernst Eulenburg-Verlag No. 557, London ohne Jahresangabe (Taschenpartitur)</ref>. In der Literatur werden hierzu verschiedene Erklärungen genannt:
Die genaue Entstehung der Sinfonie ist wohl nicht mehr rekonstruierbar. Oft wird angenommen<ref name="Klein"> Hans-Günter Klein: ''Haydn: Symphonien Nr. 22 „Der Philosoph“, Nr. 63 „La Roxelane“, Nr. 80.'' Textbeitrag zur Einspielung mit dem Orpheus Chamber Orchestra. Deutsche Grammophon-GmbH, Hamburg 1989 </ref><ref> Howard Chandler Robbins Landon: ''Haydn: Symphonies No. 22 “The Philosopher”, No 63 “La Roxelane”, No 80.'' Textbeitrag zur Einspielung mit dem Orpheus Chamber Orchestra. Deutsche Grammophon-GmbH, Hamburg 1989 </ref><ref> Weitere Details auch bei Robbins Landon 1955, S. 359 ff. </ref>, dass Haydn zu Beginn des Jahres 1777 eine Zwischenaktmusik zu [[Charles Simon Favart|Favarts]] Schauspiel „Soliman II oder: Die drei Sultanninen“ mit Menuett und Prestissimo eines seit längerem vorliegenden Sinfonie-Fragments (deren Sätze 1 und 2 nicht bekannt sind) ergänzte und dazu eine Variationenfolge komponierte, die auf die Heldin des Dramas, [[Roxelane]], bezogen ist. Nachdem Haydn im Sommer 1777 seine neue Oper [[Die Welt auf dem Monde]] uraufgeführt hatte, stellte er (möglicherweise in Zeitnot) aus der Ouvertüre und den drei genannten Sätzen der Schauspielmusik eine Sinfonie zusammen. Die Ouvertüre wurde dazu lediglich mit einem erweiterten Schluss versehen.<ref name="Hoboken"> Anthony van Hoboken: ''Joseph Haydn. Thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis, Band I.'' Schott-Verlag, Mainz 1957, 848 S. </ref>
* [[Carl Ferdinand Pohl]]<ref> Carl Ferdinand Pohl: Joseph Haydn. Band II. Leipzig 1882. Zitiert bei Fisher & Gerlach (2002: 280).</ref> bezeichnet das Thema ohne weitere Erklärung als französische Romanze.
* [[Arnold Schering]]<ref> Arnold Schering: ''Bemerkungen zu Joseph Haydns Programmsinfonien. '' In: ''Jahrbuch der Musikbibliothek Peters für 1939'', XLVI (1940), S. 9–27. Zitiert bei Fisher & Gerlach (2002: 280).</ref> sah einen Zusammenhang mit Roxelane, der Heldin aus [[Charles-Simon Favart]]s Komödie ''Soliman Second ou Les trois Sultannes'' (deutsch: ''Soliman II oder: Die drei Sultaninnen'') und mutmaßte eine Verbindung zwischen dem Theaterstück und der Sinfonie. Die Uraufführung von Favarts Komödie hatte am 9. April 1761 in Paris mit der Musik von Paul-César Gibert stattgefunden, 1765 hatte es in Wien Premiere, und am 29. September 1770 wurde es im Wiener Kärntnertortheater von der Schauspielgesellschaft um Karl Wahr in deutscher Übersetzung aufgeführt. Da Karl Wahr auch in Eszterháza gastierte und Haydn für seine Aufführungen Zwischenaktsmusiken schrieb, ist ein Zusammenhang zwischen Sinfonie 63 oder zumindest dem langsamen Satz und Wahrs Schauspiel denkbar. Allerdings findet sich das Thema der Variationen nicht unter den virtuosen Arien der französischen Originalfassung, und es lässt sich ihm auch nicht der Text einer Gesangsnummer der deutschen Übersetzung unterlegen. Falls der Satz für das Theaterstück geschrieben wurde, könnte er als Zwischenaktsmusik oder als Tanzeinlage Verwendung gefunden haben.<ref name="Fisher"/>
* Jacob de Ruiter<ref name="Ruiter"> Jacob de Ruiter: ''Der Charakterbegriff der Musik. Studien zur Deutschen Ästhetik der Instrumentalmusik 1740-1850'' (= ''[[Archiv für Musikwissenschaft]].'' Beiheft 29). Steiner, Stuttgart 1989, S. 90.</ref> meint zwar, dass Haydn mit dem Satz die Figur Roxelane aus Favarts Komödie charakterisiert habe, er bezweifelt aber eine Entstehung der Sinfonie im Kontext der Schauspielmusik zu Favarts Stück, da in der Sinfonie keine „türkische“ Musik wie Trommeln oder Becken vorkomme. Es sei unwahrscheinlich, dass um 1780 „ein Komponist, der Musik für ein Stück schreibt, das in einem Serail in Konstantinopel spielt, auf die Verwendung der damals als typisch türkisch empfundenen Instrumente und Klänge verzichtet hätte.“ Der mit „Roxelane“ überschriebene Satz stelle keine Bühnenmusik dar, „sondern bloß den langsamen Satz einer in mehreren Fassungen überlieferten Sinfonie.
* Da der Titel nur zum langsamen Satz gehört, ist denkbar, dass Haydn dort lediglich eine beliebte und bekannte Melodie verwendete, es sich also gar nicht um eine Schauspielmusik handelt. Ob die Melodie dem von Wahr aufgeführten Stück oder überhaupt einem Bühnenwerk entstammt, ist unbekannt.<ref name="Fisher"/>


Das zunächst als Schlusssatz für die Sinfonie vorgesehene Prestissimo war weder mit obligatem Fagott noch mit Flöte besetzt. Es ist in einer Partitur zusammen mit einem anderen Menuett überliefert. Dieses Menuett und Prestissimo verwendete Haydn, um die beiden ersten Sätze einer Ouvertüre (vermutlich zur Oper ''[[L’infedeltà delusa]]'' (''Die vereitelte Untreue'') von 1773) zu einer Sinfonie zu vervollständigen, die er nach Spanien schickte.<ref name="Fisher"/> Dieses Werk ist in der vom Joseph Haydn – Institut Köln herausgegebenen Gesamtausgabe veröffentlicht (siehe [[Sinfonie in C (Haydn)| Sinfonie in C]]).<ref> Andreas Friesenhagen & Ulrich Wilker: ''Sinfonien um 1770–1774.'' In: Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): ''Joseph Haydn Werke.'' Reihe I, Band 5b. G. Henle-Verlag, München 2013, ISMN 979-0-2018-5044-3.</ref> In den beiden Taschenpartiturausgaben der Sinfonie 63<ref> bei Philharmonia und Eulenburg, siehe unten bei Weblinks, Noten </ref> sind (zurückgehend auf die Auffassung von [[H. C. Robbins Landon|Howard Chandler Robbins Landon]]) Menuett und Prestissimo zusammen mit der Ouvertüre zu ''Il mondo della luna'' und dem Roxelane-Satz als „erste Fassung“ der Sinfonie 63 herausgegeben. Diese „erste Fassung“ wird in der vom Joseph Haydn – Institut Köln herausgegebenen Gesamtausgabe als „eine hypothetische Zusammenstellung von Sätzen“ angesehen, „die so kaum existiert haben dürfte“.<ref name="Fisher"/>
Ouvertüre, Menuett und Finale waren mit Trompeten und Pauken instrumentiert. Um aber das Werk für kleinere Orchester leichter zugänglich zu machen und es somit besser verkaufen zu können, nahm Haydn diese aus dem ersten und dem letzten Satz heraus, machte weitere Änderungen im ersten Satz und komponierte ein neues Menuett in leichterem Stil. Dies war die erste Fassung in den ältesten Stimmen. Wohl in dem Gefühl, dass das ursprüngliche Finale ein zu kräftiger Satz für das „leichte“ Menuett war, schrieb er ein neues Finale. Das war Haydns endgültige Fassung und diejenige, die schließlich überliefert wurde<ref name="Newston"> Harry Newstone: ''Symphony No. 63 in C (La Roxelane).'' Ernst Eulenburg-Verlag No. 557, London ohne Jahresangabe (Taschenpartitur)</ref>. Die Sinfonie war bald in ganz Europa verbreitet. Insbesondere der 2. Satz war ein großer Erfolg und wurde in verschiedenen Klavierfassungen gespielt.<ref name="Klein"/>


Die inzwischen als gültig angesehene „zweite Version“ wird in der älteren Literatur gegenüber der „ersten Version“ aufgrund der reduzierten Instrumentierung (Fehlen von Trompeten und Pauken) sowie der als leichter bis oberflächlicher angesehenen Sätze 3 und 4 kritisiert. Die angebliche Umarbeitung von Version 1 auf Version 2 wurde als Anpassung an Verbreitungsmöglichkeiten und schnellen Erfolg beim Publikum interpretiert.<ref> Howard Chandler Robbins Landon: ''The Symphonies of Joseph Haydn.'' Universal Edition & Rocklife, London 1955, S. 361.</ref><ref>Antony Hodgson: ''The Music of Joseph Haydn''. The Symphonies. The Tantivy Press, London 1976, ISBN 0-8386-1684-4, S. 93 </ref><ref name="Brown"/><ref name="Newston"/><ref name="Lessing"> Walter Lessing: ''Die Sinfonien von Joseph Haydn, dazu: sämtliche Messen. '' Eine Sendereihe im Südwestfunk Baden-Baden 1987-89. Band 2. Baden-Baden 1989, S. 164f. </ref>
Jacob de Ruiter<ref name="Ruiter"> Jacob de Ruiter: Der ''Charakterbegriff der Musik. Studien zur Deutschen Ästhetik der Instrumentalmusik 1740-1850.'' Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaft, Band 29. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1989.</ref> bezweifelt eine Entstehung dieser Sinfonie im Kontext der Schauspielmusik zu Favarts Stück, da im ganzen Werk keine „türkische“ Musik vorkommt. Es sei unwahrscheinlich, dass um 1780 ''„ein Komponist, der Musik für ein Stück schreibt, das in einem Serail in Konstantinopel spielt, auf die Verwendung der damals als typisch türkisch empfundenen Instrumente und Klänge verzichtet hätte.“'' Anthony van Hoboken<ref name="Hoboken"/> und Harry Newstone<ref name="Newston"/> verweisen zudem darauf, dass das Thema vom zweiten Satz eine alte französische Melodie sei. Nach Peter Brown<ref name="Brown">A. Peter Brown: ''The Symphonic Repertoire. Volume II. The First Golden Age of the Vienese Symphony: Haydn, Mozart, Beethoven, and Schubert. '' Indiana University Press, Bloomington & Indianapolis 2002, ISBN 0-253-33487-X; S. 182</ref> steht der Nachweis dafür jedoch noch aus.


Der zweite Satz war im 18.&nbsp;Jahrhundert auch als Klavierfassung beliebt und wurde mit einem Text für Solotenor unterlegt.<ref name="Brown">A. Peter Brown: ''The Symphonic Repertoire. Volume II. The First Golden Age of the Vienese Symphony: Haydn, Mozart, Beethoven, and Schubert. '' Indiana University Press, Bloomington & Indianapolis 2002, ISBN 0-253-33487-X; S. 182</ref>
Jacob de Ruiter<ref name="Ruiter"/> vertritt die Auffassung, dass der mit „Roxelane“ überschriebene Satz keine Bühnenmusik, sondern bloß den langsamen Satz einer in mehreren Fassungen überlieferten Sinfonie darstellt. Weiterhin schreibt er: ''„Lessing, der in der „Hamburgischen Dramaturgie“ ausführlich Favarts Komödie sowie ihre Vorlage bespricht, charakterisiert Roxelane als „ein weibliches Ding, flüchtig, unbedachtsam, wild, witzig bis zur Unverschämtheit, lustig bis zum Tollen, viel Physiognomie, wenig Schönheit“, sie agiere aber am Ende des Lustspiels auf einer höheren, moralisch einwandfreien Ebene. Wenn Haydns La Roxelane sich tatsächlich auf die weibliche Hauptperson von Favarts Komödie bezieht, dann hat er weniger die dreiste Seite ihres Charakters als vielmehr das gespielte Naive und Schakalhafte musikalisch versinnlicht.“'' Die Entstehungsgeschichte dieses Werkes ist somit ähnlich der [[60. Sinfonie (Haydn)|Sinfonie Nr. 60]], die als „Gelegenheitsmusik“ zu Regnards Komödie „Il Distratto“ komponiert wurde.<ref name="Newston"/> Der zweite Satz war im 18.&nbsp;Jahrhundert auch als Klavierfassung beliebt und wurde mit einem Text für Solotenor unterlegt.<ref name="Brown"/>


== Zur Musik ==
Es wird hier das Werk in den von Harry Newstone<ref name="Newston"/> herausgegebenen Versionen besprochen, wobei die Rekonstruktion der ersten Fassung auf die neue Haydn-Gesamtausgabe von [[Howard Chandler Robbins Landon]] zurückgeht. Die erste Fassung ist demnach möglicherweise nie in dieser Satzabfolge zu Haydns Zeiten gespielt worden, jedoch stellt sie nach Newstone den Ausgangspunkt dieser Sinfonie dar und kann daher als Originalfassung gelten. Die zweite Fassung ist Haydns Endversion.
''Besetzung:'' [[Flöte]] zwei [[Oboe]]n, [[Fagott]], zwei [[Horn (Musikinstrument)|Hörner]], zwei [[Violine]]n, [[Bratsche|Viola]], [[Cello]], [[Kontrabass]]. Über die Beteiligung eines [[Cembalo]]-[[Basso continuo|Continuo]]s in Haydns Sinfonien bestehen unterschiedliche Auffassungen.<ref>Beispiele: a) James Webster: ''On the Absence of Keyboard Continuo in Haydn's Symphonies. '' In: ''Early Music Band'' 18 Nr. 4, 1990, S. 599–608); b) [[Hartmut Haenchen]]: ''Haydn, Joseph: Haydns Orchester und die Cembalo-Frage in den frühen Sinfonien. Booklet-Text für die Einspielungen der frühen Haydn-Sinfonien.'', [http://www.haenchen.net/en/publications/texts/?user_haenchendatabase_pi14%5Buid%5D=12&cHash=cbf64f7ff0bca65df539a14c28b599ec online] (Abruf am 26. Juni 2019), zu: H. Haenchen: ''Frühe Haydn-Sinfonien'', Berlin Classics, 1988–1990, Kassette mit 18 Sinfonien; c) Jamie James: [https://www.nytimes.com/1994/10/02/arts/recordings-view-he-d-rather-fight-than-use-keyboard-in-his-haydn-series.html ''He'd Rather Fight Than Use Keyboard In His Haydn Series'']. In: ''New York Times'', 2. Oktober 1994 (Abruf am 25. Juni 2019; mit Darstellung unterschiedlicher Positionen von [[Roy Goodman]], [[Christopher Hogwood]], [[Howard Chandler Robbins Landon|H. C. Robbins Landon]] und James Webster). Die meisten Orchester mit modernen Instrumenten verwenden derzeit (Stand 2019) kein Cembalocontinuo. Aufnahmen mit Cembalo-Continuo existieren u.&nbsp;a. von: [[Trevor Pinnock]] (''Sturm und Drang-Sinfonien'', Archiv, 1989/90); [[Nikolaus Harnoncourt]] (Nr. 6–8, Das Alte Werk, 1990); [[Sigiswald Kuijken]] (u.&nbsp;a. ''Pariser'' und ''Londoner Sinfonien''; Virgin, 1988 – 1995); [[Roy Goodman]] (z.&nbsp;B. Nr. 1–25, 70–78; Hyperion, 2002).</ref> Die Ouvertüre ist in der Originalfassung mit zwei Fagotten, [[Trompete]]n und [[Pauke]]n sowie ohne Flöte besetzt. Für die Bearbeitung zum ersten Satz der Sinfonie 63 übertrug Haydn die zwei Fagottstimmen auf Flöte und Fagott. Pauken und Trompeten wurden gestrichen. Vorhandene Pauken- und Trompetenstimmen sind nicht authentisch.<ref name="Fisher"/>


''Aufführungszeit:'' ca. 20–25 Minuten (je nach Einhalten der vorgeschriebenen Wiederholungen).
Howard Chandler Robbins Landon<ref> Howard Chandler Robbins Landon: ''The Symphonies of Joseph Haydn.'' Universal Edition & Rocklife, London 1955, S. 359 ff. </ref> bewertet die leichtere, zweite Version, insbesondere deren dritter und vierter Satz, als im Vergleich zur ersten Version oberflächlicher und enttäuschend und sieht in der Bearbeitung auch eine Orientierung Haydns auf „schnellen Erfolg“ beim Publikum.<ref> Robbins Landon S. 361: ''„With it he was assured of a quick success. Compared with the old finale, and with the splendid first movement, this new movement represents a low point in sacrifice to popular taste scarcely reached even in the Laudon. The tune is bright, witty and completely superficial, and there is scarcely a single inspired note in the whole piece. The old finale, in Haydn‘s most majestic style, would have been a far better companion to the overture, and it is hoped that present-day performances of the symphony will use it rather than the composers‘s unfortunate afterthought. lt is in fact possible to retain the original orchestration of the overture as weil as that of the Berlin finale, by which the music gains immeasurably in dignity and beauty.“'' S. 364: ''„The history of La Roxelane is a typical and significant manifestation of the composer‘s attitude during the present period; in this brief summary, we have seen how artistic principles were sacrificed in order to achieve popular success, how orchestration was simplified and changed from a business standpoint rather than on artistic grounds, and how a much inferior but more popular finale. took the place of one possibly more difficult of comprehension hut of greater worth.”'' </ref> Ähnlich äußern sich auch Antony Hodgson<ref> Antony Hodgson: ''The Music of Joseph Haydn''. The Symphonies. '' The Tantivy Press, London 1976, ISBN 0-8386-1684-4, S. 93 </ref> und Peter Brown.<ref name="Brown"/>


Bei den hier benutzten Begriffen der [[Sonatensatzform]] ist zu berücksichtigen, dass dieses Schema in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entworfen wurde (siehe dort) und von daher nur mit Einschränkungen auf die Sinfonie Nr. 63 übertragen werden kann. – Die hier vorgenommene Beschreibung und Gliederung der Sätze ist als Vorschlag zu verstehen. Je nach Standpunkt sind auch andere Abgrenzungen und Deutungen möglich. Die hier vorliegende Beschreibung entspricht der „Version 2“ aus der älteren Literatur.
== Erste Fassung ==
''Besetzung:'' [[Flöte]] (diese nur im zweiten Satz), zwei [[Oboe]]n, zwei [[Fagott]]e, zwei [[Horn (Musikinstrument)|Hörner]], zwei [[Trompete]]n in C, [[Pauke]]n, zwei [[Violine]]n, [[Bratsche|Viola]], [[Cello]], [[Kontrabass]]. Zur Verstärkung der Bass-Stimme wurde damals auch ohne gesonderte Notierung (sofern im jeweiligen Orchester vorhanden) ein [[Cembalo]] eingesetzt (wahrscheinlich nicht im Orchester von Schloss Esterházy).<ref> [http://www.haydn107.com/index.php?id=21&pages=besetzung Die Haydn-Festspiele Eisenstadt], Stand 8. Februar 2014, schreiben hierzu: ''„Haydn setzte, außer in London, für seine Symphonien höchstwahrscheinlich kein Tasteninstrument ein. Diese Ansicht, die von früheren Meinungen abweicht, wird heute unter Musikwissenschaftlern weithin anerkannt.“'' </ref>

''Aufführungszeit:'' ca. 20-25 Minuten (je nach Einhalten der vorgeschriebenen Wiederholungen).

Bei den hier benutzten Begriffen der [[Sonatensatzform]] ist zu berücksichtigen, dass dieses Schema in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entworfen wurde (siehe dort) und von daher nur mit Einschränkungen auf die Sinfonie Nr. 63 übertragen werden kann. – Die hier vorgenommene Beschreibung und Gliederung der Sätze ist als Vorschlag zu verstehen. Je nach Standpunkt sind auch andere Abgrenzungen und Deutungen möglich


=== Erster Satz: Allegro ===
=== Erster Satz: Allegro ===
C-Dur, 3/4-Takt, 179 Takte
C-Dur, 3/4-Takt, 179 Takte
[[Datei:Haydn-Symphony-63-I-bar1-8.png|thumb|right|400px|erstes Thema Allegro, Violine 1 und 2 zusammen]]
[[Datei:Haydn-Symphony-63-I-bar1-8.png|mini|400px|Erstes Thema Allegro, Violine 1 und 2 zusammen]]


Die Violinen tragen in recht tiefer Lage das einprägsam-feierliche erste Thema forte vor, unterlegt von Achtelrepetitionen im Bass. Das Thema wird piano von den Holzbläsern mit Stimmführung in der Oboe (diese eine Oktave höher als vorher die Violinen) und somit in ganz anderer Klangfarbe wiederholt. Die Schlussfloskel des Themas wird dann im Dialog mit einem auftaktbetonten Motiv der Streicher fortgesponnen. Nachdem die Bewegung im Pianissimo verebbt, setzt das ganze Orchester erneut mit dem Thema fortissimo ein (Takt 29 ff.). Recht abrupt geht es dann in das zweite Thema (Takt 43 ff.) über. Dieses ist sechstaktig, steht erwartungsgemäß in der [[Dominante]] G-Dur und ist durch seine [[Chromatik|chromatisch]]-gewundene, gleichmäßige Achtelbewegung der 1. Violine charakterisiert. Nach einem Forte-Abschnitt im [[Unisono]] mit [[Tremolo|tremoloartigen]] Sechzehnteln und einem „Signalmotiv“ mit punktiertem Rhythmus schließt in Takt 65 die Schlussgruppe an. Diese bringt ein melodiöses, zweitaktiges Motiv in den Oboen, unterlegt von [[Synkope (Musik)|Synkopen]] der Violinen, und eine abschließende Wendung. Die Exposition wird wiederholt.
Die Violinen tragen in recht tiefer Lage das einprägsam-feierliche erste Thema forte vor, unterlegt von Achtelrepetitionen im Bass. Das Thema wird piano von den Holzbläsern mit Stimmführung in der Oboe (diese eine Oktave höher als vorher die Violinen) und somit in ganz anderer Klangfarbe wiederholt. Die Schlussfloskel des Themas wird dann im Dialog mit einem auftaktbetonten Motiv der Streicher fortgesponnen. Nachdem die Bewegung im Pianissimo verebbt, setzt das ganze Orchester erneut mit dem Thema fortissimo ein (Takt 29 ff.). Recht abrupt geht es dann in das zweite Thema (Takt 43 ff.) über. Dieses ist sechstaktig, steht erwartungsgemäß in der [[Dominante]] G-Dur und ist durch seine [[Chromatik|chromatisch]]-gewundene, gleichmäßige Achtelbewegung der 1. Violine charakterisiert. Nach einem Forte-Abschnitt im [[Unisono]] mit [[Tremolo|tremoloartigen]] Sechzehnteln und einem „Signalmotiv“ mit punktiertem Rhythmus schließt in Takt 65 die Schlussgruppe an. Diese bringt ein melodiöses, zweitaktiges Motiv in den Oboen, unterlegt von [[Synkope (Musik)|Synkopen]] der Violinen, und eine abschließende Wendung. Die Exposition wird wiederholt.<ref name="Wiederholung"> Die Wiederholungen der Satzteile werden in vielen Einspielungen nicht eingehalten. </ref>


Die Durchführung (Takt 78-145, ohne Pauken und Trompeten) verarbeitet Elemente beider Hauptthemen. Sie beginnt als Tremolofläche auf Es im Pianissimo, das im [[Dynamik (Musik)|Crescendo]] zum Fortissimo anwächst. Anschließend wechselt die Harmonie mit dem Auftreten des ersten Themas in den Holzbläsern nach d-Moll. Über den abwärts [[Sequenz (Musik)|sequenzierten]] „Dialog“ vom Satzanfang zwischen Holzbläsern und Streichern wird das erste Thema in F-Dur mit vollem Orchestereinsatz und bewegenden Synkopen erreicht (Schein-Reprise). Anschließend werden verschiedene Tonarten (z. B. g-Moll, a-Moll, E-Dur) kurz angeschnitten und das Geschehen wechselt zum zweiten Thema in a-Moll. Nach einer Fortspinnung mit der Achtelfigur des Themas hat sich ab Takt 138 G-Dur etabliert, das als Dominante zur Reprise (Takt 145 ff.) mit dem ersten Thema in C-Dur fungiert.
Die Durchführung (Takt 78–145) verarbeitet Elemente beider Hauptthemen. Sie beginnt als Tremolofläche auf Es im Pianissimo, das im [[Dynamik (Musik)|Crescendo]] zum Fortissimo anwächst. Anschließend wechselt die Harmonie mit dem Auftreten des ersten Themas in den Holzbläsern nach d-Moll. Über den abwärts [[Sequenz (Musik)|sequenzierten]] Dialog vom Satzanfang zwischen Holzbläsern und Streichern wird das erste Thema in F-Dur mit vollem Orchestereinsatz und bewegenden Synkopen erreicht (Schein-Reprise). Anschließend werden verschiedene Tonarten (z.&nbsp;B. g-Moll, a-Moll, E-Dur) kurz angeschnitten und das Geschehen wechselt zum zweiten Thema in a-Moll. Nach Fortspinnung mit der Achtelfigur des Themas hat sich ab Takt 138 G-Dur etabliert, das als Dominante zur Reprise (Takt 145 ff.) mit dem ersten Thema in C-Dur fungiert.


Die Reprise ist ähnlich der Exposition strukturiert, allerdings fehlt das zweite Thema. Weiterhin tritt das „Signalmotiv“ zunächst in nicht punktierter Form auf (Takt 159 ff.). Auch Durchführung und Reprise werden wiederholt.
Die Reprise ist ähnlich der Exposition strukturiert, allerdings fehlt das zweite Thema. Weiterhin tritt das „Signalmotiv“ zunächst in nicht punktierter Form auf (Takt 159 ff.). Auch Durchführung und Reprise werden
wiederholt.<ref name="Wiederholung"/>


=== Zweiter Satz: „La Roxelane“. Allegretto o piu tosto Allegro ===
=== Zweiter Satz: „La Roxelane“. Allegretto o piu tosto Allegro ===
Wechsel von c-Moll und C-Dur, 2/4-Takt, 139 Takte, Streicher anfangs mit Dämpfer, Trompenten und Pauken schweigen.
Wechsel von c-Moll und C-Dur, 2/4-Takt, 139 Takte, Streicher anfangs mit Dämpfer
[[Datei:Haydn-Symphony-63-II-bar1-4.png|thumb|right|250px|Moll-Thema des Satzes, 1. Violine, Takt 1-4]]
[[Datei:Haydn-Symphony-63-II-bar1-4.png|mini|250px|Moll-Thema des Satzes, 1. Violine, Takt 1–4]]


Der Satz lässt sich wie folgt strukturieren (Doppel-Variationssatz):
Der Satz lässt sich wie folgt strukturieren (Doppel-Variationssatz):
* Vorstellung des 1. Themas: c-Moll, Takt 1-20, nur Streicher, piano, bestehend aus zwei wiederholten Teilen.
* Vorstellung des 1. Themas: c-Moll, Takt 1–20, nur Streicher, piano, bestehend aus zwei wiederholten Teilen.
* Vorstellung des 2. Themas: C-Dur, Takt 21-36, bestehend aus zwei wiederholten Teilen. Oboen verdoppeln die Violinen, piano. Die beiden liedhaften, „ohrwurmartigen“ Themen sind einander ähnlich und können je nach Standpunkt als Moll- und Durvariante der gleichen Melodie aufgefasst werden. Basis der Themen ist wahrscheinlich eine alte französische Melodie (s. o.).
* Vorstellung des 2. Themas: C-Dur, Takt 21–36, bestehend aus zwei wiederholten Teilen. Oboen verdoppeln die Violinen, piano. Die beiden liedhaftenThemen sind einander ähnlich und können je nach Standpunkt als Moll- und Durvariante der gleichen Melodie aufgefasst werden.
* 1. Variation des 1. Themas: c-Moll, Takt 37-56, bestehend aus zwei wiederholten Teilen. Piano, Flöte verdoppelt die 1. Violine.
* 1. Variation des 1. Themas: c-Moll, Takt 37–56, bestehend aus zwei wiederholten Teilen. Piano, Flöte verdoppelt die 1. Violine.
* 1. Variation des 2. Themas: C-Dur, Takt 57-72, bestehend aus zwei wiederholten Teilen. Piano (nur Streicher) und forte (mit Bläsern).
* 1. Variation des 2. Themas: C-Dur, Takt 57–72, bestehend aus zwei wiederholten Teilen. Piano (nur Streicher) und forte (mit Bläsern).
* 2. Variation des 1. Themas: c-Moll, Takt 73-98, bestehend aus zwei wiederholten Teilen, nur Streicher, überwiegend piano.
* 2. Variation des 1. Themas: c-Moll, Takt 73–98, bestehend aus zwei wiederholten Teilen, nur Streicher, überwiegend piano.
* 2. Variation des 2. Themas: C-Dur, Takt 98 ff. Zunächst Thema von Oboen und Fagott gespielt, nach acht Takten Einsatz des gesamten Orchesters im Forte, Violinen (nun ohne Dämpfer) mit nuschelnder Sechzehntel-Bewegung, Takt 107-118 wird fast wörtlich von Takt 119 bis Ende wiederholt.
* 2. Variation des 2. Themas: C-Dur, Takt 98 ff. Zunächst Thema von Oboen und Fagott gespielt, nach acht Takten Einsatz des gesamten Orchesters im Forte, Violinen (nun ohne Dämpfer) mit nuschelnder Sechzehntel-Bewegung, Takt 107–118 wird fast wörtlich von Takt 119 bis Ende wiederholt.

=== Dritter Satz: Menuetto. Allegretto ===
C-Dur, 3/4-Takt, mit Trio 58 Takte

Das Menuett beginnt mit zwei auftaktigen Wendungen (die erste forte aufsteigend, die zweite echoartig piano absteigend). Die aufsteigende Wendung wird variiert wiederholt, die absteigende dann auf ihre [[Intervall (Musik)|Quinte]] abwärts reduziert. Diese Quinte abwärts wird zu Beginn des zweiten Teils piano aufgegriffen, anschließend schraubt sich das Anfangsmotiv dreimal forte aufwärts, wiederum gefolgt von einer Passage mit den Quinten.

Das Trio steht ebenfalls in C-Dur und basiert auf einer einfachen Dominante-Tonika-Figur, die in verschiedenen, harmonisch unterschiedlichen Varianten auftritt. Bemerkenswert ist das Ende des Trios im Pianissimo: Plötzlicher Wechsel nach As-Dur über Es-Dur zu c-Moll.

=== Vierter Satz: Prestissimo ===
C-Dur, 4/4-Takt (alla breve), 235 Takte
[[Datei:Haydn-Symphony-63-IV-first-version-bar1-8.png|thumb|right|300px|Beginn des Prestissimo mit Motiv A, B und Beginn von C]]

Der Satz beginnt mit drei Motiven / Bausteinen: Motiv A (aufsteigender C-Dur – Dreiklang, gesamtes Orchester, unisono), Motiv B (aufsteigende Reihe von sechs Vierteln, die eine Sexte ausfüllen, nur Streicher, unisono), „Motiv“ C (zu den anderen Motiven kontrastierende, sangliche, achttaktige Bewegung der Violinen, piano). Motiv B und C werden wiederholt, letzteres als Variante mit Synkopen. Anschließend (Takt 28) setzen die Violinen piano mit einer Passage in der Dominante G-Dur ein, die mit dem „Anlauf“ von Motiv B beginnt und dann in eine sangliche Melodielinie ähnlich Motiv C übergeht, nun jedoch mit leichter Chromatik angereichert. Ab Takt 40 folgt forte eine Fortführung vom Anlauf-Motiv B, anfangs in den Oberstimmen, schließlich im Bass. Die Schlussgruppe (Takt 66 ff.) bringt zunächst eine pendelartige Piano-Bewegung (Motiv D) und schließt die Exposition fortissimo mit Akkordmelodik in G-Dur ab.

In der ausführlichen Durchführung (Takt 86-158) treten alle vorigen Motive A bis D in verschiedenen Klangfarben und Harmonien auf, so wechselt Haydn z. B. nach d-Moll, a-Moll, e-Moll und F-Dur.

Die Reprise (Takt 158 ff.) ist ähnlich der Exposition strukturiert, allerdings tritt das Anlaufmotiv B in Takt 174 abwärts statt aufwärts auf. Exposition sowie Durchführung und Reprise werden wiederholt.

== Zweite Fassung ==
''Besetzung:'' Flöte, zwei Oboen, Fagott, zwei Hörner, zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass, ggf. Cembalo (s. o.).

''Aufführungszeit:'' ca. 20-25 Minuten (je nach Einhalten der vorgeschriebenen Wiederholungen).

=== Erster Satz: Vivace ===
Sehr ähnlich der ersten Fassung, aber: Trompeten, Pauke und ein Fagott fallen weg, die Flöte kommt auch in den Ecksätzen dazu; leichte Veränderungen in der Instrumentierung und in der Dynamik.

=== Zweiter Satz: „La Roxelane“. Allegretto o piu tosto Allegro ===
Wie in der ersten Fassung, leichte Änderungen in der Instrumentierung.


=== Dritter Satz: Menuetto ===
=== Dritter Satz: Menuetto ===
C-Dur, 3/4-Takt, mit Trio 58 Takte.
C-Dur, 3/4-Takt, mit Trio 58 Takte.


Das einfach aufgebaute Menuett ist durch seine auftaktige Triolenbewegung und anschließende dreifache Tonrepetition geprägt. Im zweiten Teil benutzt Haydn eine Echowirkung bis hin zum Pianissimo.
Das einfach aufgebaute Menuett ist durch seine auftaktige Triolenbewegung und anschließende dreifache Tonrepetition geprägt. Im zweiten Teil benutzt Haydn eine Echowirkung bis hin zum Pianissimo.


Das Trio steht ebenfalls in C-Dur. Neben der 1. Oboe, welche die Hauptmelodie spielt, tritt das Fagott als laufende Achtelbegleitung hervor, während die Streicher mit Pizzicato-Schlägen in den Hintergrund treten.
Das Trio steht ebenfalls in C-Dur. Neben der 1. Oboe, welche die Hauptmelodie spielt, tritt das Fagott als laufende Achtelbegleitung hervor, während die Streicher mit Pizzicato-Schlägen in den Hintergrund treten.


=== Vierter Satz: Presto ===
=== Vierter Satz: Finale. Presto ===
C-Dur, 2/4-Takt, 206 Takte
C-Dur, 2/4-Takt, 206 Takte
[[Datei:Haydn-Symphony-63-IV-secund-version-bar1-4.png|thumb|right|300px|Beginn des Presto, 1. Violine, Motive A und B]]
[[Datei:Haydn-Symphony-63-IV-secund-version-bar1-4.png|mini|300px|Beginn des Presto, 1. Violine, Motive A und B]]


Die Streicher fangen mit dem ersten Thema piano an (Stimmführung in der 1. Violine, übrige begleiten in Achtel-Staccatoketten), wobei zwei Motive mit dreifacher Tonrepetition charakteristisch sind (Motiv A zudem mit punktiertem Rhythmus, Motiv B mit Sechzehntelwendung). Der Schluss der achttaktigen thematischen Einheit, die wiederum Motiv A enthält, wird vom ganzen Orchester forte gespielt. Sie endet zunächst auf der Dominante G-Dur, bei der Wiederholung der thematischen Einheit „geschlossen“ auf der Tonika C-Dur.<ref>Ggf. als Vorder- und Nachsatz 16taktigen Themas interpretierbar, weiterhin auch in kleinere Bestandteile gliederbar. </ref>
Die Streicher fangen mit dem ersten Thema piano an (Stimmführung in der 1. Violine, übrige begleiten in Achtel-Staccatoketten), wobei zwei Motive mit dreifacher Tonrepetition charakteristisch sind (Motiv A zudem mit punktiertem Rhythmus, Motiv B mit Sechzehntelwendung). Der Schluss der achttaktigen thematischen Einheit, die wiederum Motiv A enthält, wird vom ganzen Orchester forte gespielt. Sie endet zunächst auf der Dominante G-Dur, bei der Wiederholung der thematischen Einheit „geschlossen“ auf der Tonika C-Dur.<ref>Ggf. als Vorder- und Nachsatz 16taktigen Themas interpretierbar, weiterhin auch in kleinere Bestandteile gliederbar. </ref>


Die Überleitung zum zweiten Thema (Takt 17 ff.) besteht anfangs aus einer von Motiv B abgeleiteten Sechzehntelbewegung, dann aus einer Staccatofigur mit Wechsel von forte und piano und schließlich aus einer sich aufschraubenden Kette von Motiv A, die zur Doppeldominante D-Dur wechselt. Drei Viertelschlägen auf D, welche die Bewegung abbremsen, kündigen das zweite Thema (Takt 34-53) an, das strukturell dem ersten Thema ähnelt (Anklänge an Motiv A und B, die stimmführende 1. Violine wird wiederum zunächst „sparsam“ nur von Oboe und 2. Violine begleitet). Abrupt folgt ein Fortissimo-Ausbruch des ganzen Orchesters, der im harmonisch fernen Es-Dur beginnt und seine Spannung über fünf Takte zur Dominante G-Dur abbaut. Ein zweiter Es-Dur – Ausbruch (Violinen eine Oktave tiefer) führt nun über sieben Takte zurück nach G-Dur, wo die Schlussgruppe mit einem aufsteigenden Akkordmotiv einsetzt (Takt 81). Das Motiv erscheint zunächst in den Violinen, dann im Bass.
Die Überleitung zum zweiten Thema (Takt 17 ff.) besteht anfangs aus einer von Motiv B abgeleiteten Sechzehntelbewegung, dann aus einer Staccatofigur mit Wechsel von forte und piano und schließlich aus einer sich aufschraubenden Kette von Motiv A, die zur Doppeldominante D-Dur wechselt. Drei Viertelschlägen auf D, welche die Bewegung abbremsen, kündigen das zweite Thema (Takt 34–53) an, das strukturell dem ersten Thema ähnelt (Anklänge an Motiv A und B, die stimmführende 1. Violine wird wiederum zunächst nur von Oboe und 2. Violine begleitet). Abrupt folgt ein Fortissimo-Ausbruch des ganzen Orchesters, der im harmonisch fernen Es-Dur beginnt und seine Spannung über fünf Takte zur Dominante G-Dur abbaut. Ein zweiter Es-Dur – Ausbruch (Violinen eine Oktave tiefer) führt nun über sieben Takte zurück nach G-Dur, wo die Schlussgruppe mit einem aufsteigenden Akkordmotiv einsetzt (Takt 81). Das Motiv erscheint zunächst in den Violinen, dann im Bass.


In der Durchführung (Takt 82-137) werden mit der Verarbeitung der Motive A und B u. a. die Tonarten Es-Dur, F-Dur, E-Dur und g-Moll erreicht; zudem tauchen weitere Elemente der Exposition wieder auf (z. B. die Ketten von Staccato-Achteln). Ab Takt 98 entsteht eine zweistimmige Wirkung, indem zu Motiv A eine Gegenstimme gesetzt wird.
In der Durchführung (Takt 82–137) werden mit der Verarbeitung der Motive A und B u. a. die Tonarten Es-Dur, F-Dur, E-Dur und g-Moll erreicht; zudem tauchen weitere Elemente der Exposition wieder auf (z.&nbsp;B. die Ketten von Staccato-Achteln). Ab Takt 98 entsteht eine zweistimmige Wirkung, indem zu Motiv A eine Gegenstimme gesetzt wird.


Die Reprise beginnt in Takt 138 mit dem ersten Thema wie am Satzanfang. Insbesondere die Überleitung zum zweiten Thema ist gegenüber der Exposition verändert und enthält mit der Gegenstimme zu Motiv A ab Takt 147 (ähnlich wie vorher ab Takt 98) noch Elemente der Durchführung. Nach dem zweiten Thema beginnt der erste „Ausbruch“ auf einem F-Dur – Septakkord (Takt 181), der zweite auf As-Dur (Takt 187), beide bauen ihre Spannung zur Tonika C-Dur ab. Die Exposition wird wiederholt, Durchführung und Reprise dagegen nicht.
Die Reprise beginnt in Takt 138 mit dem ersten Thema wie am Satzanfang. Insbesondere die Überleitung zum zweiten Thema ist gegenüber der Exposition verändert und enthält mit der Gegenstimme zu Motiv A ab Takt 147 (ähnlich wie vorher ab Takt 98) noch Elemente der Durchführung. Nach dem zweiten Thema beginnt der erste „Ausbruch“ auf einem F-Dur – Septakkord (Takt 181), der zweite auf As-Dur (Takt 187), beide bauen ihre Spannung zur Tonika C-Dur ab. Die Exposition wird wiederholt, Durchführung und Reprise dagegen nicht.


Walter Lessing (1989)<ref> Walter Lessing: ''Die Sinfonien von Joseph Haydn, dazu: sämtliche Messen. '' Eine Sendereihe im Südwestfunk Baden-Baden 1987-89. Band 2. Baden-Baden 1989, S. 165. </ref> bezeichnet den Satz als ''„spritziges, geistreiches Presto in dem von der Oper beeinflussten, leichteren Stil der späten 1770er Jahre.“''
Walter Lessing (1989)<ref name="Lessing"/> bezeichnet den Satz als „spritziges, geistreiches Presto in dem von der Oper beeinflussten, leichteren Stil der späten 1770er Jahre.“


== Einzelnachweise, Anmerkungen ==
== Siehe auch ==
* [[Liste der Sinfonien Joseph Haydns]]
<references/>


== Weblinks, Noten ==
== Weblinks, Noten ==
* [http://www.haydn107.com/index.php?id=2&sym=63 Einspielungen und Informationen zur 63. Sinfonie Haydns vom Projekt "Haydn 100&7" der Haydn-Festspiele Eisenstadt]
* [http://www.haydn107.com/index.php?id=2&sym=63 Einspielungen und Informationen zur 63. Sinfonie Haydns vom Projekt „Haydn 100&7“ der Haydn-Festspiele Eisenstadt]
* Anton Gabmayer: Informationstext zu Joseph Haydns Sinfonie Nr. 63. Begleitinformation zum Konzert am 6. Juni 2009 bei den Haydn-Festspielen-Eisenstadt, http://www.haydn107.com/index.php?id=32, Stand August 2009
* Anton Gabmayer: Informationstext zu Joseph Haydns Sinfonie Nr. 63. Begleitinformation zum Konzert am 6. Juni 2009 bei den Haydn-Festspielen-Eisenstadt, http://www.haydn107.com/index.php?id=32, Stand August 2009
* [http://tamino-klassikforum.at/index.php?page=Thread&threadID=10346 Thread zur Sinfonie Nr. 63 von Joseph Haydn]
* [http://tamino-klassikforum.at/index.php?page=Thread&threadID=10346 Thread zur Sinfonie Nr. 63 von Joseph Haydn]
* Joseph Haydn: ''Symphony No. 63 C Major''. Ernst Eulenburg-Verlag No. 557, London ohne Jahresangabe, 79 S. (Taschenpartitur).
* Joseph Haydn: ''Symphony No. 63 C Major''. Ernst Eulenburg-Verlag No. 557, London ohne Jahresangabe, 79 S. (Taschenpartitur).
* Joseph Haydn: ''Sinfonia No. 63 C Major.'' Philharmonia-Band Nr. 763, Wien ohne Jahresangabe. Reihe: Howard Chandler Robbins Landon (Hrsg.): ''Kritische Ausgabe sämtlicher Sinfonien von Joseph Haydn.''
* Joseph Haydn: ''Sinfonia No. 63 C Major.'' Philharmonia-Band Nr. 763, Wien ohne Jahresangabe. Reihe: Howard Chandler Robbins Landon (Hrsg.): ''Kritische Ausgabe sämtlicher Sinfonien von Joseph Haydn.''
* {{IMSLP2|id= Symphony_No.63_in_C_major,_Hob.I:63_(Haydn, Joseph)|cname=Sinfonie Nr. 63 von Joseph Haydn}}
* {{IMSLP2|id= Symphony_No.63_in_C_major,_Hob.I:63_(Haydn, Joseph)|cname=Sinfonie Nr. 63 von Joseph Haydn}}
* Stephen C. Fisher, Sonja Gerlach: ''Sinfonien um 1777–1779.'' In: Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): ''Joseph Haydn Werke.'' Reihe I, Band 9. G. Henle-Verlag, München 2002, 280 S.


== Siehe auch ==
== Einzelnachweise, Anmerkungen ==
<references/>
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Aktuelle Version vom 4. August 2024, 19:17 Uhr

Die Sinfonie Nr. 63 C-Dur „La Roxelane“ komponierte Joseph Haydn um 1778/1779, griff für den ersten Satz aber auf eine Opernouvertüre von 1777 zurück. In der älteren Literatur wurden von der Sinfonie zwei Fassungen unterschieden.

Joseph Haydn (Gemälde von Ludwig Guttenbrunn, um 1770)

Den ersten Satz diese Sinfonie hat Haydn mit Veränderungen der Instrumentierung aus der Ouvertüre zu seiner Oper Il mondo della Luna von 1777 übernommen. Der zweite Satz trägt den Titel „Die Roxolana“, „La Roxolana“[1] (auch: „Roxolane“[1] oder „Roxelane“)[2]. In der Literatur werden hierzu verschiedene Erklärungen genannt:

  • Carl Ferdinand Pohl[3] bezeichnet das Thema ohne weitere Erklärung als französische Romanze.
  • Arnold Schering[4] sah einen Zusammenhang mit Roxelane, der Heldin aus Charles-Simon Favarts Komödie Soliman Second ou Les trois Sultannes (deutsch: Soliman II oder: Die drei Sultaninnen) und mutmaßte eine Verbindung zwischen dem Theaterstück und der Sinfonie. Die Uraufführung von Favarts Komödie hatte am 9. April 1761 in Paris mit der Musik von Paul-César Gibert stattgefunden, 1765 hatte es in Wien Premiere, und am 29. September 1770 wurde es im Wiener Kärntnertortheater von der Schauspielgesellschaft um Karl Wahr in deutscher Übersetzung aufgeführt. Da Karl Wahr auch in Eszterháza gastierte und Haydn für seine Aufführungen Zwischenaktsmusiken schrieb, ist ein Zusammenhang zwischen Sinfonie 63 oder zumindest dem langsamen Satz und Wahrs Schauspiel denkbar. Allerdings findet sich das Thema der Variationen nicht unter den virtuosen Arien der französischen Originalfassung, und es lässt sich ihm auch nicht der Text einer Gesangsnummer der deutschen Übersetzung unterlegen. Falls der Satz für das Theaterstück geschrieben wurde, könnte er als Zwischenaktsmusik oder als Tanzeinlage Verwendung gefunden haben.[1]
  • Jacob de Ruiter[5] meint zwar, dass Haydn mit dem Satz die Figur Roxelane aus Favarts Komödie charakterisiert habe, er bezweifelt aber eine Entstehung der Sinfonie im Kontext der Schauspielmusik zu Favarts Stück, da in der Sinfonie keine „türkische“ Musik wie Trommeln oder Becken vorkomme. Es sei unwahrscheinlich, dass um 1780 „ein Komponist, der Musik für ein Stück schreibt, das in einem Serail in Konstantinopel spielt, auf die Verwendung der damals als typisch türkisch empfundenen Instrumente und Klänge verzichtet hätte.“ Der mit „Roxelane“ überschriebene Satz stelle keine Bühnenmusik dar, „sondern bloß den langsamen Satz einer in mehreren Fassungen überlieferten Sinfonie.“
  • Da der Titel nur zum langsamen Satz gehört, ist denkbar, dass Haydn dort lediglich eine beliebte und bekannte Melodie verwendete, es sich also gar nicht um eine Schauspielmusik handelt. Ob die Melodie dem von Wahr aufgeführten Stück oder überhaupt einem Bühnenwerk entstammt, ist unbekannt.[1]

Das zunächst als Schlusssatz für die Sinfonie vorgesehene Prestissimo war weder mit obligatem Fagott noch mit Flöte besetzt. Es ist in einer Partitur zusammen mit einem anderen Menuett überliefert. Dieses Menuett und Prestissimo verwendete Haydn, um die beiden ersten Sätze einer Ouvertüre (vermutlich zur Oper L’infedeltà delusa (Die vereitelte Untreue) von 1773) zu einer Sinfonie zu vervollständigen, die er nach Spanien schickte.[1] Dieses Werk ist in der vom Joseph Haydn – Institut Köln herausgegebenen Gesamtausgabe veröffentlicht (siehe Sinfonie in C).[6] In den beiden Taschenpartiturausgaben der Sinfonie 63[7] sind (zurückgehend auf die Auffassung von Howard Chandler Robbins Landon) Menuett und Prestissimo zusammen mit der Ouvertüre zu Il mondo della luna und dem Roxelane-Satz als „erste Fassung“ der Sinfonie 63 herausgegeben. Diese „erste Fassung“ wird in der vom Joseph Haydn – Institut Köln herausgegebenen Gesamtausgabe als „eine hypothetische Zusammenstellung von Sätzen“ angesehen, „die so kaum existiert haben dürfte“.[1]

Die inzwischen als gültig angesehene „zweite Version“ wird in der älteren Literatur gegenüber der „ersten Version“ aufgrund der reduzierten Instrumentierung (Fehlen von Trompeten und Pauken) sowie der als leichter bis oberflächlicher angesehenen Sätze 3 und 4 kritisiert. Die angebliche Umarbeitung von Version 1 auf Version 2 wurde als Anpassung an Verbreitungsmöglichkeiten und schnellen Erfolg beim Publikum interpretiert.[8][9][10][2][11]

Der zweite Satz war im 18. Jahrhundert auch als Klavierfassung beliebt und wurde mit einem Text für Solotenor unterlegt.[10]

Besetzung: Flöte zwei Oboen, Fagott, zwei Hörner, zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass. Über die Beteiligung eines Cembalo-Continuos in Haydns Sinfonien bestehen unterschiedliche Auffassungen.[12] Die Ouvertüre ist in der Originalfassung mit zwei Fagotten, Trompeten und Pauken sowie ohne Flöte besetzt. Für die Bearbeitung zum ersten Satz der Sinfonie 63 übertrug Haydn die zwei Fagottstimmen auf Flöte und Fagott. Pauken und Trompeten wurden gestrichen. Vorhandene Pauken- und Trompetenstimmen sind nicht authentisch.[1]

Aufführungszeit: ca. 20–25 Minuten (je nach Einhalten der vorgeschriebenen Wiederholungen).

Bei den hier benutzten Begriffen der Sonatensatzform ist zu berücksichtigen, dass dieses Schema in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entworfen wurde (siehe dort) und von daher nur mit Einschränkungen auf die Sinfonie Nr. 63 übertragen werden kann. – Die hier vorgenommene Beschreibung und Gliederung der Sätze ist als Vorschlag zu verstehen. Je nach Standpunkt sind auch andere Abgrenzungen und Deutungen möglich. Die hier vorliegende Beschreibung entspricht der „Version 2“ aus der älteren Literatur.

Erster Satz: Allegro

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C-Dur, 3/4-Takt, 179 Takte

Erstes Thema Allegro, Violine 1 und 2 zusammen

Die Violinen tragen in recht tiefer Lage das einprägsam-feierliche erste Thema forte vor, unterlegt von Achtelrepetitionen im Bass. Das Thema wird piano von den Holzbläsern mit Stimmführung in der Oboe (diese eine Oktave höher als vorher die Violinen) und somit in ganz anderer Klangfarbe wiederholt. Die Schlussfloskel des Themas wird dann im Dialog mit einem auftaktbetonten Motiv der Streicher fortgesponnen. Nachdem die Bewegung im Pianissimo verebbt, setzt das ganze Orchester erneut mit dem Thema fortissimo ein (Takt 29 ff.). Recht abrupt geht es dann in das zweite Thema (Takt 43 ff.) über. Dieses ist sechstaktig, steht erwartungsgemäß in der Dominante G-Dur und ist durch seine chromatisch-gewundene, gleichmäßige Achtelbewegung der 1. Violine charakterisiert. Nach einem Forte-Abschnitt im Unisono mit tremoloartigen Sechzehnteln und einem „Signalmotiv“ mit punktiertem Rhythmus schließt in Takt 65 die Schlussgruppe an. Diese bringt ein melodiöses, zweitaktiges Motiv in den Oboen, unterlegt von Synkopen der Violinen, und eine abschließende Wendung. Die Exposition wird wiederholt.[13]

Die Durchführung (Takt 78–145) verarbeitet Elemente beider Hauptthemen. Sie beginnt als Tremolofläche auf Es im Pianissimo, das im Crescendo zum Fortissimo anwächst. Anschließend wechselt die Harmonie mit dem Auftreten des ersten Themas in den Holzbläsern nach d-Moll. Über den abwärts sequenzierten Dialog vom Satzanfang zwischen Holzbläsern und Streichern wird das erste Thema in F-Dur mit vollem Orchestereinsatz und bewegenden Synkopen erreicht (Schein-Reprise). Anschließend werden verschiedene Tonarten (z. B. g-Moll, a-Moll, E-Dur) kurz angeschnitten und das Geschehen wechselt zum zweiten Thema in a-Moll. Nach Fortspinnung mit der Achtelfigur des Themas hat sich ab Takt 138 G-Dur etabliert, das als Dominante zur Reprise (Takt 145 ff.) mit dem ersten Thema in C-Dur fungiert.

Die Reprise ist ähnlich der Exposition strukturiert, allerdings fehlt das zweite Thema. Weiterhin tritt das „Signalmotiv“ zunächst in nicht punktierter Form auf (Takt 159 ff.). Auch Durchführung und Reprise werden wiederholt.[13]

Zweiter Satz: „La Roxelane“. Allegretto o piu tosto Allegro

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Wechsel von c-Moll und C-Dur, 2/4-Takt, 139 Takte, Streicher anfangs mit Dämpfer

Moll-Thema des Satzes, 1. Violine, Takt 1–4

Der Satz lässt sich wie folgt strukturieren (Doppel-Variationssatz):

  • Vorstellung des 1. Themas: c-Moll, Takt 1–20, nur Streicher, piano, bestehend aus zwei wiederholten Teilen.
  • Vorstellung des 2. Themas: C-Dur, Takt 21–36, bestehend aus zwei wiederholten Teilen. Oboen verdoppeln die Violinen, piano. Die beiden liedhaftenThemen sind einander ähnlich und können je nach Standpunkt als Moll- und Durvariante der gleichen Melodie aufgefasst werden.
  • 1. Variation des 1. Themas: c-Moll, Takt 37–56, bestehend aus zwei wiederholten Teilen. Piano, Flöte verdoppelt die 1. Violine.
  • 1. Variation des 2. Themas: C-Dur, Takt 57–72, bestehend aus zwei wiederholten Teilen. Piano (nur Streicher) und forte (mit Bläsern).
  • 2. Variation des 1. Themas: c-Moll, Takt 73–98, bestehend aus zwei wiederholten Teilen, nur Streicher, überwiegend piano.
  • 2. Variation des 2. Themas: C-Dur, Takt 98 ff. Zunächst Thema von Oboen und Fagott gespielt, nach acht Takten Einsatz des gesamten Orchesters im Forte, Violinen (nun ohne Dämpfer) mit nuschelnder Sechzehntel-Bewegung, Takt 107–118 wird fast wörtlich von Takt 119 bis Ende wiederholt.

Dritter Satz: Menuetto

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C-Dur, 3/4-Takt, mit Trio 58 Takte.

Das einfach aufgebaute Menuett ist durch seine auftaktige Triolenbewegung und anschließende dreifache Tonrepetition geprägt. Im zweiten Teil benutzt Haydn eine Echowirkung bis hin zum Pianissimo.

Das Trio steht ebenfalls in C-Dur. Neben der 1. Oboe, welche die Hauptmelodie spielt, tritt das Fagott als laufende Achtelbegleitung hervor, während die Streicher mit Pizzicato-Schlägen in den Hintergrund treten.

Vierter Satz: Finale. Presto

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C-Dur, 2/4-Takt, 206 Takte

Beginn des Presto, 1. Violine, Motive A und B

Die Streicher fangen mit dem ersten Thema piano an (Stimmführung in der 1. Violine, übrige begleiten in Achtel-Staccatoketten), wobei zwei Motive mit dreifacher Tonrepetition charakteristisch sind (Motiv A zudem mit punktiertem Rhythmus, Motiv B mit Sechzehntelwendung). Der Schluss der achttaktigen thematischen Einheit, die wiederum Motiv A enthält, wird vom ganzen Orchester forte gespielt. Sie endet zunächst auf der Dominante G-Dur, bei der Wiederholung der thematischen Einheit „geschlossen“ auf der Tonika C-Dur.[14]

Die Überleitung zum zweiten Thema (Takt 17 ff.) besteht anfangs aus einer von Motiv B abgeleiteten Sechzehntelbewegung, dann aus einer Staccatofigur mit Wechsel von forte und piano und schließlich aus einer sich aufschraubenden Kette von Motiv A, die zur Doppeldominante D-Dur wechselt. Drei Viertelschlägen auf D, welche die Bewegung abbremsen, kündigen das zweite Thema (Takt 34–53) an, das strukturell dem ersten Thema ähnelt (Anklänge an Motiv A und B, die stimmführende 1. Violine wird wiederum zunächst nur von Oboe und 2. Violine begleitet). Abrupt folgt ein Fortissimo-Ausbruch des ganzen Orchesters, der im harmonisch fernen Es-Dur beginnt und seine Spannung über fünf Takte zur Dominante G-Dur abbaut. Ein zweiter Es-Dur – Ausbruch (Violinen eine Oktave tiefer) führt nun über sieben Takte zurück nach G-Dur, wo die Schlussgruppe mit einem aufsteigenden Akkordmotiv einsetzt (Takt 81). Das Motiv erscheint zunächst in den Violinen, dann im Bass.

In der Durchführung (Takt 82–137) werden mit der Verarbeitung der Motive A und B u. a. die Tonarten Es-Dur, F-Dur, E-Dur und g-Moll erreicht; zudem tauchen weitere Elemente der Exposition wieder auf (z. B. die Ketten von Staccato-Achteln). Ab Takt 98 entsteht eine zweistimmige Wirkung, indem zu Motiv A eine Gegenstimme gesetzt wird.

Die Reprise beginnt in Takt 138 mit dem ersten Thema wie am Satzanfang. Insbesondere die Überleitung zum zweiten Thema ist gegenüber der Exposition verändert und enthält mit der Gegenstimme zu Motiv A ab Takt 147 (ähnlich wie vorher ab Takt 98) noch Elemente der Durchführung. Nach dem zweiten Thema beginnt der erste „Ausbruch“ auf einem F-Dur – Septakkord (Takt 181), der zweite auf As-Dur (Takt 187), beide bauen ihre Spannung zur Tonika C-Dur ab. Die Exposition wird wiederholt, Durchführung und Reprise dagegen nicht.

Walter Lessing (1989)[11] bezeichnet den Satz als „spritziges, geistreiches Presto in dem von der Oper beeinflussten, leichteren Stil der späten 1770er Jahre.“

Weblinks, Noten

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Einzelnachweise, Anmerkungen

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  1. a b c d e f g Stephen C. Fisher, Sonja Gerlach: Sinfonien um 1777–1779. In: Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 9. G. Henle-Verlag, München 2002, Seite XIII ff. sowie 272 ff.
  2. a b Harry Newstone: Symphony No. 63 in C (La Roxelane). Ernst Eulenburg-Verlag No. 557, London ohne Jahresangabe (Taschenpartitur)
  3. Carl Ferdinand Pohl: Joseph Haydn. Band II. Leipzig 1882. Zitiert bei Fisher & Gerlach (2002: 280).
  4. Arnold Schering: Bemerkungen zu Joseph Haydns Programmsinfonien. In: Jahrbuch der Musikbibliothek Peters für 1939, XLVI (1940), S. 9–27. Zitiert bei Fisher & Gerlach (2002: 280).
  5. Jacob de Ruiter: Der Charakterbegriff der Musik. Studien zur Deutschen Ästhetik der Instrumentalmusik 1740-1850 (= Archiv für Musikwissenschaft. Beiheft 29). Steiner, Stuttgart 1989, S. 90.
  6. Andreas Friesenhagen & Ulrich Wilker: Sinfonien um 1770–1774. In: Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 5b. G. Henle-Verlag, München 2013, ISMN 979-0-2018-5044-3.
  7. bei Philharmonia und Eulenburg, siehe unten bei Weblinks, Noten
  8. Howard Chandler Robbins Landon: The Symphonies of Joseph Haydn. Universal Edition & Rocklife, London 1955, S. 361.
  9. Antony Hodgson: The Music of Joseph Haydn. The Symphonies. The Tantivy Press, London 1976, ISBN 0-8386-1684-4, S. 93
  10. a b A. Peter Brown: The Symphonic Repertoire. Volume II. The First Golden Age of the Vienese Symphony: Haydn, Mozart, Beethoven, and Schubert. Indiana University Press, Bloomington & Indianapolis 2002, ISBN 0-253-33487-X; S. 182
  11. a b Walter Lessing: Die Sinfonien von Joseph Haydn, dazu: sämtliche Messen. Eine Sendereihe im Südwestfunk Baden-Baden 1987-89. Band 2. Baden-Baden 1989, S. 164f.
  12. Beispiele: a) James Webster: On the Absence of Keyboard Continuo in Haydn's Symphonies. In: Early Music Band 18 Nr. 4, 1990, S. 599–608); b) Hartmut Haenchen: Haydn, Joseph: Haydns Orchester und die Cembalo-Frage in den frühen Sinfonien. Booklet-Text für die Einspielungen der frühen Haydn-Sinfonien., online (Abruf am 26. Juni 2019), zu: H. Haenchen: Frühe Haydn-Sinfonien, Berlin Classics, 1988–1990, Kassette mit 18 Sinfonien; c) Jamie James: He'd Rather Fight Than Use Keyboard In His Haydn Series. In: New York Times, 2. Oktober 1994 (Abruf am 25. Juni 2019; mit Darstellung unterschiedlicher Positionen von Roy Goodman, Christopher Hogwood, H. C. Robbins Landon und James Webster). Die meisten Orchester mit modernen Instrumenten verwenden derzeit (Stand 2019) kein Cembalocontinuo. Aufnahmen mit Cembalo-Continuo existieren u. a. von: Trevor Pinnock (Sturm und Drang-Sinfonien, Archiv, 1989/90); Nikolaus Harnoncourt (Nr. 6–8, Das Alte Werk, 1990); Sigiswald Kuijken (u. a. Pariser und Londoner Sinfonien; Virgin, 1988 – 1995); Roy Goodman (z. B. Nr. 1–25, 70–78; Hyperion, 2002).
  13. a b Die Wiederholungen der Satzteile werden in vielen Einspielungen nicht eingehalten.
  14. Ggf. als Vorder- und Nachsatz 16taktigen Themas interpretierbar, weiterhin auch in kleinere Bestandteile gliederbar.