„Wagenkasten“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Atelier de Sucy-en-Brie - Rénovation MI 79 - 07.jpg|mini|300px|Wagenkasten eines [[SNCF Z 8100]]-Triebzugs in Differenzialbauweise]]
[[Datei:Atelier de Sucy-en-Brie - Rénovation MI 79 - 07.jpg|mini|300px|Wagenkasten eines Triebzuges der Reihe [[SNCF Z 8100|Z 8100]] der SNCF in Differentialbauweise]]
Als '''Wagenkasten''' oder '''Lokomotivkasten''' wird der Aufbau eines [[Eisenbahnwagen]]s, eines [[Triebwagen]]s oder einer [[Lokomotive]] bezeichnet. Wagen- oder Lokomotivkästen können auf einem Rahmen aufgebaut oder selbsttragend ausgeführt auf der Drehpfanne des [[Drehgestell]]s gelagert sein.
Als '''Wagenkasten''', '''Fahrzeugkasten'''<ref>DIN EN 15380-2:2006 ''Bahnanwendungen - Kennzeichnungssystematik für Schienenfahrzeuge - Teil 2: Produktgruppen''</ref> oder '''Lokomotivkasten''' wird der Aufbau eines [[Eisenbahnwagen]]s, eines [[Triebwagen]]s oder einer [[Lokomotive]] bezeichnet. Wagen- oder Lokomotivkästen können auf einem Rahmen aufgebaut oder selbsttragend ausgeführt, auf der Wagenkastenabstützung des [[Drehgestell]]s gelagert, sein.


Der Begriff ''Wagenkasten'' wurde ursprünglich auch für den Aufbau jedes [[Wagen|mehrspurigen Gefährts]] wie [[Kutsche]] oder [[Pferdewagen]] verwendet.
Der Begriff ''Wagenkasten'' wurde ursprünglich auch für den Aufbau jedes [[Wagen|mehrspurigen Gefährts]], wie z. B. [[Kutsche]]n oder [[Pferdewagen]], verwendet.


== Bauweisen ==
== Bauweisen ==

Während der Aufbau von [[Reisezugwagen]] in den Anfangsjahren der Eisenbahn aus Holz auf einem massiven Rahmen (meist aus Eisen) bestand, werden Wagenkästen seit den 1920er Jahren aus metallischen Werkstoffen hergestellt.
=== Geschichte ===
In den Anfangsjahren der Eisenbahn wurden [[Eisenbahnwagen]] vollständig aus Holz gefertigt. Diese Bauweise wird ''Holzbauweise'' genannt.<ref>{{Literatur |Titel=Wagenkasten |Sammelwerk=Lexikon Eisenbahn |Auflage=6., bearbeitete und ergänzte |Verlag=transpress |Ort=Berlin |Datum=1981 |Seiten=869}}</ref> In den 1850er Jahren ging man in England dazu über, das Untergestell aus Eisen herzustellen, da aufgrund der höheren Fahrzeuggewichte und Fahrgeschwindigkeiten die Belastungen größer wurden.<ref name=":1" /> Die Steifigkeit des Wagenrahmens wurde durch Einbau eines [[Sprengwerk]]s erhöht. Die zwischenzeitlichen Weiterentwicklungen der [[Walzen|Eisenwalztechnik]] machten dies möglich. Zum [[Fügen (Fertigungstechnik)|Fügen]] der Einzelteile wurden hauptsächlich Kaltfügeverfahren, wie z. B. [[Nietvorgang|Nieten]] und [[Schraube]]n, verwendet. Für den Wagenaufbau wurde jedoch mehrheitlich weiterhin Holz als Werkstoff verwendet, da dieser einfacher zu bearbeiten und kostengünstiger verfügbar war.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Thomas Gerhard, Gerd Meyer, Klaus Altenburg |Titel=Revolution oder Evolution? – Betrachtungen zu Werkstoff- und Bauweisenentwicklung für Schienenfahrzeuge |Sammelwerk=ETR - Eisenbahntechnische Rundschau |Band=51 |Nummer=Heft 1-2 |Verlag=Hestra-Verlag |Ort=Hamburg |Datum=2002 |Seiten=13-23}}</ref><ref name=":0">{{Literatur |Autor=Biber |Titel=Personenwagen |Hrsg=Freiherr v. Röll |Sammelwerk=Enzyklopädie des Eisenbahnwesens |Band=8 |Datum=1917 |Seiten=17ff |Online=https://www.zeno.org/Roell-1912/A/Personenwagen |Abruf=2022-10-05}}</ref>

Diese Mischbauweise wurde bis Anfang des 20. Jahrhunderts verwendet. Ab 1906 wurden in den USA die ersten vollständig aus Stahl gefertigten Wagen, sogenannte ''Ganzstahlwagen'', von der [[Pennsylvania Railroad]] beschafft.<ref name=":1" /><ref name=":0" /><ref>{{Internetquelle |autor=o.&nbsp;V. |url=https://www.nytimes.com/1906/08/12/archives/first-allsteel-cars-for-pennsylvania-tube-they-are-to-be-fire.html |titel=FIRST ALL-STEEL CARS FOR PENNSYLVANIA TUBE; They Are to be Fire, Collision, Heat, and Noise Proof. ONE IS NOW BEING TESTED Lighting Will Be Electric, and All Fittings and Furnishings Are to be Non-Combustible. |werk=nytimes.com |hrsg=The New York Times |datum=1906-08-12 |sprache=en |abruf=2024-09-05}}</ref> Hintergrund dieser Entwicklung war die unfallbedingte Gefährdung von Fahrgästen durch splitternde und brennende Holzaufbauten. Außerdem machte sich ein Mangel an geeignetem Holzbaustoff bemerkbar. An den verwendeten Kaltfügetechniken für Metalle änderte sich zunächst nichts.<ref name=":0" />

Die Ganzstahl-Wagenkästen waren aufgrund der verwendeten Kaltfügetechniken relativ schwergewichtig. Ab den 1920er Jahren standen geeignete [[Schweißverfahren]] zur Verfügung, die zunächst im Güterwagenbau eingesetzt wurden. Die seinerzeitige Bauweise aus geschweißtem Innengerippe und dünnblechiger [[Beplankung]] bildet die klassische ''Differentialbauweise''.

Durch diese viel leichtere Stahlbauweise kam auch der erste ''Leichtstahlwagen'' zustande.<ref>''Leichtstahlwagen der Schweizerischen Bundesbahnen: gebaut von der Schweiz. Wagons- und Aufzügefabrik Schlieren.''<br />[https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=sbz-002%3A1937%3A109%3A%3A386 ''Schweizerische Bauzeitung'', Band 110 (1937), Heft 2 (Teil 1)] (E-Periodica, PDF; 1.4 MB)<br />[https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=sbz-002%3A1937%3A109%3A%3A485 ''Schweizerische Bauzeitung'', Band 110 (1937), Heft 10 (Teil 2)] (E-Periodica, PDF; 3,6 MB)</ref> So wog der von der [[Schweizerische Wagons- und Aufzügefabrik AG Schlieren-Zürich|SWS]] entwickelte rahmenlose [[Leichtstahlwagen (SBB)|Leichtstahlwagen]]-Prototyp für die [[Schweizerische Bundesbahnen|SBB]] aus dem Jahr 1935 nur noch 25 Tonnen (Serienausführung 29 bis 30 Tonnen), während ein vergleichbarer Wagen in der herkömmlichen Bauweise mit Rahmen und Stahlkasten in der Regel um die 40 Tonnen wog. Diese selbsttragende Bauweise setzt jedoch qualitativ hochwertige Schweißnähte voraus und konnte sich daher erst nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] flächendeckend durchsetzen. Wagen mit hölzernem Aufbau erhielten häufig ab den 1950er Jahren mittels Differentialbauweise einen neuen stählernen Wagenkasten, wodurch u. a. die [[Umbau-Wagen (DB)|Umbau-Wagen]] der [[Deutsche Bundesbahn|Deutschen Bundesbahn]] sowie die [[Spantenwagen]] der [[Österreichische Bundesbahnen|Österreichischen Bundesbahnen]] entstanden.

Als in den 1960er Jahren die ersten großen [[Strangpressen|Strangpressprofile]] hergestellt werden konnte, die bis in den 1980er und 1990er Jahren immer größere Abmessungen erreichten, wurde die sogenannte ''Integralbauweise'' entwickelt. Seit den 1980er Jahren löste diese Aluminium-Integralbauweise die Differentialbauweise und vor allem den Werkstoff Stahl beim Bau von Wagenkästen für Schienenfahrzeuge des Personenverkehrs weitgehend ab.<ref name=":1" /> Beim ICE 4 wurde hingegen wieder auf eine Stahl-Differentialbauweise gesetzt, um eine einfachere und schnellere Unfallinstandsetzung zu erreichen und somit die Fahrzeugverfügbarkeit zu erhöhen.<ref>{{Literatur |Autor=Andreas Büttner, Christian Bischoff, Ulrich Höbel |Titel=Der ICx – Eine neue Ära im Fernverkehr der Deutschen Bahn |Sammelwerk=Eisenbahntechnische Rundschau |Verlag=Eurailpress |Datum=2011-09 |Seiten=36-41}}</ref>


=== Rahmenbauweise ===
=== Rahmenbauweise ===
Sie ist die älteste Bauweise. Hierbei wird zuerst ein massiver Rahmen (auch Untergestell genannt) angefertigt, der alle Zug- und Stoßkräfte aufnimmt, und an dem auch das [[Laufwerk (Eisenbahn)|Laufwerk]] sowie die Zug- und Stoßvorrichtung befestigt werden. In der Frühzeit der Eisenbahnen waren für Wagenrahmen zunächst auch Harthölzer und Gusseisen verwendet worden, die sich aber beide nicht bewährt hatten. Der Rahmen ist daher in der Regel aus vernieteten, verschraubten oder verschweißten Stahlträgern gefertigt. Auf diesen Rahmen wird der eigentliche Wagenkasten bzw. Wagenaufbau gesetzt. Da der Aufbau nur sich in sich stabil sein muss, kann dieser kann viel leichter ausgeführt sein als der sämtliche Zug- und Stoßkräfte aufnehmende Rahmen. Diese fragilen Aufbauten hatten allerdings bei Unfällen regelmäßig dazu geführt, dass hölzerne Wagenkästen vom Untergestell abgetrennt und regelrecht zertrümmert wurden. In der Folge fertigte man auch die Wagenkästen aus Stahlblech, was den Wagen zwar insgesamt stabiler aber auch viel schwerer machte.
[[Datei:Leichtstahlwagen Wagenkasten innen.jpg|mini|Blick in das Innere des Wagenkastens eines SBB-Leichtstahlwagens aus der Rohbauphase, 1937]]
Sie ist die älteste Bauweise. Hierbei wird zuerst ein massiver Rahmen (auch Untergestell genannt) angefertigt, der alle Zug- und Stoßkräfte aufnimmt, und an dem auch das Fahrwerk und auch die Zug- und Stoßvorrichtung befestigt werden. Der Rahmen muss entsprechend massiv sein und ist in der Regel aus genieteten oder geschweißten Stahlträgern gefertigt. Ganz in der Frühzeit der Eisenbahn wurden bei Wagen für den Rahmen auch Harthölzer und Gusseisen verwendet, die sich aber beide nicht bewährten. Auf diesen Rahmen wird der eigentliche Wagenkasten gesetzt. Dieser kann viel leichter ausgeführt sein als der stabile Rahmen, da der Aufbau nur sich selbst zusammenhalten muss. Diese leichte Bauweise hatte allerdings bei Unfällen regelmäßig dazu geführt, dass der hölzerne Wagenkasten vom Untergestell abgetrennt und regelrecht zertrümmert wurde. In der Folge fing man an, auch den Wagenkasten aus Stahl zu fertigen, was zwar den Wagen als Ganzes stabiler machte, aber auch viel schwerer.


Die Rahmenbauweise ist auch heute noch bei Güterwagen üblich.
Die Rahmenbauweise ist auch heute noch bei Güterwagen üblich.


=== Selbsttragende Bauweise ===
=== Selbsttragende Bauweise ===
Unter selbsttragender Bauweise versteht man die Verwendung eines Wagenkastens, der keinen Rahmen/Untergestell besitzt; der Wagenkasten kann die Zug- und Stoßkräfte aufnehmen. Er ist dabei in der Regel wie eine Vierkant-Röhre aufgebaut, in die seitlich Öffnungen in Form von Türen und Fensterbändern eingebracht werden. Der von der [[Schweizerische Wagons- und Aufzügefabrik AG Schlieren-Zürich|SWS]] entwickelte [[Leichtstahlwagen (SBB)|Leichtstahlwagen]]-Prototyp –&nbsp;der 1935 fertiggestellt war&nbsp;– wog nur noch 25&nbsp;Tonnen (Serienausführung 29–30&nbsp;Tonnen), während ein ähnlicher Wagen mit Rahmen und Stahlkasten in der herkömmlichen Bauweise in der Regel um die 40&nbsp;Tonnen wog. Durch diese viel leichtere Stahlbauweise kam auch der Begriff „Leichtstahlwagen“ zustande.<ref>''Leichtstahlwagen der Schweizerischen Bundesbahnen: gebaut von der Schweiz. Wagons- und Aufzügefabrik Schlieren.''<br />[http://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=sbz-002:1937:109:110::386 ''Schweizerische Bauzeitung'', Band&nbsp;110 (1937), Heft&nbsp;2 (Teil&nbsp;1)] (E-Periodica, PDF; 1.4&nbsp;MB)<br />[http://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=sbz-002:1937:109:110::485 ''Schweizerische Bauzeitung'', Band&nbsp;110 (1937), Heft&nbsp;10 (Teil&nbsp;2)] (E-Periodica, PDF; 3.6&nbsp;MB)</ref> Die selbsttragende Bauweise setzt eine gute Schweißtechnik voraus und konnte sich erst nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] flächendeckend durchsetzen.
Unter selbsttragender Bauweise versteht man die Verwendung eines Wagenkastens, der keinen besonderen Rahmen bzw. Untergestell besitzt; der Wagenkasten selbst nimmt sämtliche Zug- und Stoßkräfte auf. Er ist dabei in der Regel wie eine Vierkant-Röhre aufgebaut: seitlich werden Öffnungen in Form von Türen und Fensterbändern eingebracht, unten befinden sich Flansche zur Aufnahme des Fahrgestells, vorne und hinten Aufnahmen für Wagenpuffer und Wagenkupplung.


Heute sind selbsttragende Kästen die Regel, dabei wird zwischen drei unterschiedlichen Bauweisen unterschieden:
Heute sind selbsttragende Wagenkästen die Regel, dabei wird zwischen drei Bauweisen unterschieden:


==== Differenzialbauweise ====
==== Differentialbauweise ====
{{Hauptartikel|Differentialbauweise}}
Bei der Differenzial-<ref name="janicki">Jürgen Janicki, Horst Reinhard, Michael Rüffner: ''Schienenfahrzeugtechnik.'' Bahn-Fachverlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-943214-07-9.</ref> oder Rohkastenbauweise<ref name="SER">Iwainsky Heinz: ''Zum Unfallverhalten von Strassenbahnen – der neue „Tango“ für die TPG nach „Crash-Norm“.'' In: ''[[Schweizer Eisenbahn-Revue]].'' Nr. 1/2012. Minirex, ISSN 1022-7113, S.&nbsp;136–137.</ref> wird zunächst ein tragendes Stahl- oder Aluminiumskelett erstellt, auf das anschließend nichttragende Bleche zur [[Planke|Beplankung]] angebracht werden. Die Differenzialbauweise ist das einfachste und kostengünstigste Verfahren zur Erstellung eines Wagenkastens und wurde im Zeitraum von 1930 bis Ende der 1980er Jahre standardmäßig bei der Fahrzeugherstellung eingesetzt. Auch Wagen mit hölzernem Aufbau erhielten in den 1950er Jahren mittels Differenzialbauweise einen neuen Wagenkasten, wodurch die [[Umbau-Wagen (DB)|Umbau-Wagen]] der [[Deutsche Bundesbahn|Deutschen Bundesbahn]] sowie die [[Spantenwagen]] der [[Österreichische Bundesbahnen|Österreichischen Bundesbahnen]] entstanden. Heute wird die Differenzialbauweise im Bereich der [[Vollbahn]]en bei der Herstellung von Wagenkästen für Kleinserien und für besondere Konstruktionen verwendet; bei [[Straßenbahn]]en hingegen ist sie noch immer weit verbreitet, um nach etwaigen Kollisionen mit Straßenfahrzeugen eine einfachere und kostengünstige Reparatur gewährleisten zu können.<ref name="janicki" /> Die Außenbleche können sich bei einem Unfall verbeulen und werden anschließend ausgetauscht. Die dazu notwendigen Schrauben sind entweder durch [[Leiste (Bauteil)|Leisten]] verdeckt oder außerhalb des eigentlichen Sichtbereichs angeordnet.<ref name="SER" /> Die Differenzialbauweise mit einem Stahlskelett
[[Datei:Leichtstahlwagen Wagenkasten innen.jpg|mini|Blick in das Innere des Wagenkastens eines SBB-Leichtstahlwagens aus der Rohbauphase, 1937]]
erlaubt dünnwandigere Wagenkästen als die Integralbauweise mit Aluminium, was insbesondere bei Fahrzeugen mit schmalem [[Lichtraumprofil]] von Bedeutung ist.<ref>Patrik Kobler: ''Stadler bringt die Züge zum Tanzen: Hier entstehen die neuen Wagen der Appenzeller Bahnen.'' In: ''[[Appenzeller Zeitung]]'' vom 21. April 2018</ref>
Bei der Differential-<ref name="janicki">Jürgen Janicki, Horst Reinhard, Michael Rüffner: ''Schienenfahrzeugtechnik.'' Bahn-Fachverlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-943214-07-9.</ref> oder Rohkastenbauweise<ref name="SER">Iwainsky Heinz: ''Zum Unfallverhalten von Strassenbahnen – der neue „Tango“ für die TPG nach „Crash-Norm“.'' In: ''[[Schweizer Eisenbahn-Revue]].'' Nr. 1/2012. Minirex, ISSN 1022-7113, S. 136–137.</ref> wird zunächst ein tragendes Stahl- oder Aluminiumskelett erstellt, auf das anschließend Bleche zur Beplankung aufgebracht werden. Die Differentialbauweise ist das einfachste und kostengünstigste Verfahren zur Erstellung eines Wagenkastens. Dies hat folgende Gründe:

* Es können auf Elementebene standardisierte [[Metall-Halbzeug]]e (z. B. Bleche) verwendet werden.
* Die Werkzeugkosten für die Fertigung sind gering, u. a. weil einfache Fertigungstechnologien verwendet werden können.
* Instandsetzungen sind relativ einfach möglich. So können die nach einem Unfall verbeulten Außenbleche ausgetauscht werden. Die dazu notwendigen Schrauben sind entweder durch [[Leiste (Bauteil)|Leisten]] verdeckt oder außerhalb des eigentlichen Sichtbereichs angeordnet.<ref name="SER" />

Nachteilig wirkt sich die hohe Anzahl von Einzelteilen auf den Fertigungsaufwand aus. Aufgrund des Wärmeeintrags beim Schweißen können Bauteile einen Verzug aufweisen und müssen daher im Anschluss nachgearbeitet werden ([[Richten (Fertigungsverfahren)|Richten]], [[Spannungsarmglühen]], Schleifen, Spachteln).

Heute wird die Differentialbauweise bei [[Vollbahn]]en nurmehr für Lokomotiven, Kleinserien und besondere Konstruktionen verwendet; bei [[Straßenbahn]]en hingegen ist sie noch immer weit verbreitet, um nach Unfällen eine einfachere und kostengünstige Reparatur gewährleisten zu können.<ref name="janicki" /> Ferner erlaubt die Differentialbauweise dünnwandigere Wagenkästen als die Integralbauweise, was insbesondere bei Fahrzeugen mit schmaler [[Fahrzeugbegrenzungslinie]] – wie es Straßenbahnfahrzeuge in der Regel sind – von Bedeutung ist.<ref>Patrik Kobler: ''Stadler bringt die Züge zum Tanzen: Hier entstehen die neuen Wagen der Appenzeller Bahnen.'' In: ''[[Appenzeller Zeitung]]'' vom 21. April 2018</ref>


==== Integralbauweise ====
==== Integralbauweise ====
{{Hauptartikel|Integralbauweise}}
[[Datei:InterCityExpress Frankfurt.jpg|mini|Der [[ICE&nbsp;3]] besitzt Wagenkästen in Integralbauweise; die stromlinienförmigen Köpfe sind in Differenzialbauweise ausgeführt]]
[[Datei:InterCityExpress Frankfurt.jpg|mini|Die [[ICE 3]] weisen Wagenkästen in Integralbauweise auf; die stromlinienförmigen Köpfe sind in Differentialbauweise ausgeführt]]
Bei der Integralbauweise werden [[Strangpressen|Strangpressprofile]] eingesetzt, die sich über die gesamte Länge des Wagenkastens erstrecken und Breiten von etwa einem halben Meter aufweisen. Vor dem Zusammensetzen werden bei Wagenkästen für Reisezugwagen Aussparungen für die Fenster mittels [[Fräsmaschine]] erstellt; nach dem Zusammenschweißen werden diese erneut mittels Fräsmaschine auf ihr [[Nennmaß]] aufgeweitet. Die Unterseite wird ebenfalls aus Strangpressprofilen hergestellt, sodass ein selbsttragender Wagenkasten entsteht. An der Unterseite werden [[Nut (Fertigungstechnik)|Nuten]] erstellt, um den Wagenkasten auf den Drehgestellen montieren zu können und um Bauteile wie [[Transformator]]en oder [[Fahrmotor]]en im Unterboden anbringen zu können. Bei Lokomotiven ist der Wagenkasten nach oben offen, da die Montage der Antriebskomponenten nach der Fertigstellung des Wagenkastens erfolgt und die Lokomotive sonst nicht montierbar wäre. Die Dachkonstruktion besteht dann aus leichten Aluminiumblechen, auf die bei [[Elektrolokomotive]]n noch [[Stromabnehmer]] angebracht werden. Die Steifigkeit des Wagenkastens wird bei der Intergralbauweise durch die Struktur der Strangpressprofile erreicht, sodass keine zusätzlichen tragenden Elemente notwendig sind und eine [[Leichtbauweise]] ermöglicht wird. Die Integralbauweise ist, in der Regel im Zusammenhang mit Aluminium als Werkstoff, die heute standardmäßig verwendete Bauweise zur Erstellung von Wagenkästen.<ref name="janicki" />
Bei der Integralbauweise werden Strangpressprofile eingesetzt, die sich über die gesamte Länge des Wagenkastens erstrecken und Breiten von etwa einem halben Meter aufweisen. Die einzelnen Profile werden mithilfe von Längsschweißungen verbunden. Zuvor werden mittels [[Fräsmaschine]] Aussparungen für Fenster, Türen, Durchbrüche, Lüftungsgitter etc. erstellt. Nach dem Zusammenschweißen werden diese Ausschnitte erneut mittels Fräsmaschine auf ihr jeweiliges [[Nennmaß]] aufgeweitet. Die Wagenkastenunterseite wird ebenfalls aus Strangpressprofilen hergestellt, sodass ein selbsttragender Wagenkasten entsteht. An der Unterseite werden [[Nut (Fertigungstechnik)|Nuten]] erstellt, um den Wagenkasten auf die Drehgestelle aufsetzen und Bauteile wie [[Transformator]]en oder [[Fahrmotor]]en im Unterboden anbringen zu können.<!--Welche Lokomotive ist in Integralbauweise ausgeführt? Bitte um Beleg. Bei Lokomotiven ist der Wagenkasten nach oben offen, da die Montage der Antriebskomponenten nach der Fertigstellung des Wagenkastens erfolgt und die Lokomotive sonst nicht montierbar wäre. Die Dachkonstruktion besteht dann aus leichten Aluminiumblechen, auf die bei [[Elektrolokomotive]]n noch [[Stromabnehmer]] angebracht werden.--> Die Steifigkeit des Wagenkastens wird bei der Integralbauweise durch die Struktur der Strangpressprofile erreicht, sodass keine zusätzlichen tragenden Elemente notwendig sind und eine [[Leichtbauweise]] ermöglicht wird.<ref name="janicki" />

Vorteile der Integralbauweise sind:

* Gegenüber der Differentialbauweise ist der Fertigungsaufwand geringer.
* Die Fertigung ist weitgehend automatisierbar.
* Durch individuelle Gestaltung der Strangpressprofile ist ein komplexes Außendesign möglich.

Dem gegenüber stehen folgende Nachteile:<ref name=":1" />

* Strangpressprofile können nur aus Aluminium gefertigt werden und sind daher mit hohen Material- und Werkzeugkosten verbunden.
* Die Fertigung großer Strangpressprofile mit komplexen Geometrien ist anspruchsvoll.
* Der Querschnitt des Strangpressprofils ist über die Länge durchgehend, wodurch keine Steifigkeitsänderungen und daher kaum weiteres Leichtbaupotenzial möglich sind.
* Die Festigkeit von Aluminium-Schweißverbindungen ist gegenüber dem ungestörten Werkstoff in der Regel deutlich geringer.
* Die Unfallinstandsetzung ist mit einem hohen Aufwand verbunden.

Die Integralbauweise wird heute meist im Trieb- und Reisezugwagenbau für Wagenkästen eingesetzt. Wirtschaftlich wird die Integralbauweise vor allem bei großen Serien, wodurch sich der hohe Aufwand für die Entwicklung und Fertigung von Strangpressprofilen amortisiert.<ref name=":1" />


==== Verbundbauweise ====
==== Verbundbauweise ====
[[Datei:Korean Tilting Train Hanbit200 (TTX, Tilting Train eXpress).jpg|mini|Der von [[Hyundai Rotem]] hergestellte ''Tilting Train Express'' verfügt über Wagenkästen in Hybridbauweise]]
[[Datei:Korean Tilting Train Hanbit200 (TTX, Tilting Train eXpress).jpg|mini|Der von [[Hyundai Rotem]] hergestellte ''Tilting Train Express'' verfügt über Wagenkästen in Hybridbauweise]]
Die Verbundbauweise ähnelt der Differenzialbauweise: Auf ein tragendes Gerüst aus metallischen Werkstoffen werden nicht-tragende Verkleidungen angebracht; diese bestehen jedoch im Gegensatz zur Differenzialbauweise aus nicht-metallischen Werkstoffen.<ref name="janicki" /> Ebenfalls der Verbundbauweise zugeordnet werden kann die Hybridbauweise; auf ein Stahlgerippe werden Beplankungen angebracht, die aus Aluminium und [[kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff|kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen]] bestehen. Im Zuge von Leichtbaubestrebungen wird diese Bauweise als vielversprechend angesehen. So konzipierte beispielsweise das [[Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt|DLR]] mit dem [[Next Generation Train]] einen Zug mit einer [[wabe]]nförmigen Wagenkastenstruktur, die an jedem Wagenende durch unter Kollisionseinwirkung deformierbare Bereiche ergänzt wird.<ref name="dlr">[http://www.dlr.de/dlr/en/Portaldata/1/Resources/documents/22013-Handout,_Nr._4,_Leichtbau-144.pdf ''Handout Wagenkasten in Leichtbauweise.''] (PDF) [[Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt]], abgerufen am 23.&nbsp;März 2015.</ref><ref name="winter">Joachim Winter: {{Webarchiv|url=http://www.ifs.rwth-aachen.de/files/RWTH_IFS-Seminar_2011_4_Winter.pdf |wayback=20160304225721 |text=''Neue Bauweisen beim Next Generation Train.''}} (PDF) Institut für Schienenfahrzeuge und Fördertechnik der [[RWTH Aachen]], abgerufen am 23.&nbsp;März 2015.</ref>
Die Verbundbauweise ähnelt der Differentialbauweise: Auf ein tragendes Gerüst aus metallischen Werkstoffen werden nichttragende Verkleidungen angebracht; diese bestehen jedoch im Gegensatz zur Differentialbauweise aus nichtmetallischen Werkstoffen.<ref name="janicki" /> Ebenfalls der Verbundbauweise zugeordnet werden kann die Hybridbauweise; auf ein Stahlgerippe werden Beplankungen aufgebracht, die aus Aluminium oder [[kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff|kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen]] bestehen können. Im Zuge von Leichtbaubestrebungen wird diese Bauweise als vielversprechend angesehen. So konzipierte beispielsweise das [[Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt|DLR]] mit dem [[Next Generation Train]] einen Zug mit einer [[wabe]]nförmigen Wagenkastenstruktur, die an jedem Wagenende durch unter Kollisionseinwirkung deformierbare Bereiche ergänzt wird.<ref name="dlr">[http://www.dlr.de/dlr/en/Portaldata/1/Resources/documents/22013-Handout,_Nr._4,_Leichtbau-144.pdf ''Handout Wagenkasten in Leichtbauweise.''] (PDF; 449 kB) [[Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt]], abgerufen am 23.&nbsp;März 2015.</ref><ref name="winter">Joachim Winter: {{Webarchiv|url=http://www.ifs.rwth-aachen.de/files/RWTH_IFS-Seminar_2011_4_Winter.pdf |wayback=20160304225721 |text=''Neue Bauweisen beim Next Generation Train.''}} (PDF) Institut für Schienenfahrzeuge und Fördertechnik der [[RWTH Aachen]], abgerufen am 23. März 2015.</ref>


== Crashoptimierung ==
== Crashoptimierung ==
In jüngerer Vergangenheit wurden die Konstruktionen von Wagenkästen kontinuierlich nach Sicherheitsaspekten bei Unfällen optimiert. Ausgangspunkt für diese Entwicklung stellte die Veröffentlichung der 41 Seiten umfassenden Norm ''[[Europäische Norm|EN]]&nbsp;15227'' mit dem Titel „Anforderungen für die Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen“ Mitte des Jahres 2008 dar.<ref name="din">{{Internetquelle |url=http://www.din.de/cmd?level=tpl-artikel&menuid=47392&cmsareaid=47392&cmsrubid=47533&menurubricid=47533&cmstextid=84296&3&languageid=de |titel=Mehr Sicherheit auf europäischen Schienen&nbsp;– Neue Europäische Norm zur Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen erschienen |hrsg=[[Deutsches Institut für Normung]] |datum=2008-08-27 |abruf=2015-05-01 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150714211556/http://www.din.de/cmd?level=tpl-artikel&menuid=47392&cmsareaid=47392&cmsrubid=47533&menurubricid=47533&cmstextid=84296&3&languageid=de |archiv-datum=2015-07-14}}</ref> Diese Norm hat eine Reihe von Vorgängern. Entscheidend war das von der Europäischen Kommission und der UIC finanzierte Forschungsprojekt SAFETRAIN, das 2011 endete. Aus einer europaweiten Analyse der Kollisionsunfälle wurden Referenz-Kollisionsunfälle abgeleitet, die den Großteil aller Kollisionsunfälle abdecken. Damit schuf man dann Computersimulationen, die die optimale Anordnung der energieabsorbierenden Bauteile ermittelten. Die Ergebnisse wurden dann mit Crash-Versuchen validiert, was schließlich 2008 in der seit 2000 bestehenden Norm DIN EN 12663-1 "Festigkeitsanforderungen an Wagenkästen von Schienenfahrzeugen" veröffentlicht wurde.<ref name=safetrain>{{cite web|url=https://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/67678/|title=Kollisionssicherheit bei Schienenfahrzeugen|publisher=Forschungsinformationssystem Mobilität und Verkehr der TU Berlin|date=2017-03-23}}</ref> SAFETRAIN richtete den Blick auf Vollbahnen, sodass andere Szenarien in weiteren Projekten wie SAFETRAM bis 2004 und SAFEINTERIORS bis 2010 betrachtet wurden.<ref name=safetrain />
In jüngerer Vergangenheit wurden Wagenkastenkonstruktionen kontinuierlich nach Unfallsicherheitsaspekten optimiert. Ausgangspunkt für diese Entwicklung stellte die Veröffentlichung der Norm ''[[Europäische Norm|EN]] 15227'' mit dem Titel „Anforderungen für die Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen“ Mitte des Jahres 2008 dar.<ref name="din">{{Internetquelle |url=http://www.din.de/cmd?level=tpl-artikel&menuid=47392&cmsareaid=47392&cmsrubid=47533&menurubricid=47533&cmstextid=84296&3&languageid=de |titel=Mehr Sicherheit auf europäischen Schienen – Neue Europäische Norm zur Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen erschienen |hrsg=[[Deutsches Institut für Normung]] |datum=2008-08-27 |abruf=2015-05-01 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150714211556/http://www.din.de/cmd?level=tpl-artikel&menuid=47392&cmsareaid=47392&cmsrubid=47533&menurubricid=47533&cmstextid=84296&3&languageid=de |archiv-datum=2015-07-14}}</ref> Diese Norm hat eine Reihe von Vorgängern. Entscheidend war das von der Europäischen Kommission und der UIC finanzierte Forschungsprojekt SAFETRAIN, das 2011 endete. Aus einer europaweiten Analyse der Kollisionsunfälle wurden Referenz-Kollisionsunfälle abgeleitet, welche einen Großteil aller Kollisionsunfälle abdecken. Computersimulationen ermittelten hieraus die optimale Anordnung der energieabsorbierenden Bauteile. Diese Ergebnisse wurden mit Crash-Versuchen validiert und 2008 in der (seit 2000 bestehenden) Norm DIN EN 12663-1 „Festigkeitsanforderungen an Wagenkästen von Schienenfahrzeugen“ veröffentlicht.<ref name=safetrain>{{cite web|url=https://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/67678/|title=Kollisionssicherheit bei Schienenfahrzeugen|publisher=Forschungsinformationssystem Mobilität und Verkehr der [[TU Berlin]]|date=2017-03-23}}</ref> SAFETRAIN richtete den Blick auf Vollbahnen, sodass andere Szenarien in weiteren Projekten wie SAFETRAM bis 2004 und SAFEINTERIORS bis 2010 betrachtet wurden.<ref name=safetrain />


Vor der Gültigkeit dieser Norm waren lediglich die Energieaufnahmefähigkeit von Stoßeinrichtungen wie [[Puffer (Bahn)|Puffern]] sowie die Aufnahmefähigkeit von Längskräften des Wagenkastens definiert. Bei Zusammenstößen zweier Züge werden diese Kräfte bereits bei Geschwindigkeiten von 10 bis 15&nbsp;Kilometern pro Stunde erreicht. Das Verhalten des Wagenkastens jenseits der Dimensionierungskraft war nicht geregelt; lediglich die Stirnwände sollten besonders widerstandsfähig ausgelegt werden. Bei Unfällen trat häufig ein Knick des Wagenkastens vor oder nach dem ersten Drehgestell auf; in anderen Fällen kletterte der Wagenkasten auf und löste sich von den Drehgestellen.<ref name="loeffler">[http://www.dmg-berlin.info/page/downloads/vortrag_loeffler.pdf ''DIN EN 15227 „Anforderungen für die Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen“&nbsp;– Empfehlungen für Hersteller und Betreiber.''] (PDF) [[TU Dresden]], Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, 16.&nbsp;Juli 2008; Vortrag bei der [[Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft|Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft]]; abgerufen am 1.&nbsp;Mai 2015.</ref><ref name="janicki" /> Gerade bei Triebzügen resultierte daraus eine Gefährdung von Fahrgästen. In der Norm DIN&nbsp;EN&nbsp;15227, die heute bei sämtlichen Neuzulassungen von Eisenbahn- und Straßenbahnfahrzeugen erfüllt sein muss, werden unterschiedliche Szenarien definiert, die ein Zug ohne Beeinträchtigung des Überlebensraums von Fahrer und Fahrgästen zu überstehen hat. Die Szenarien sind abhängig vom Fahrzeugtyp, für Vollbahnfahrzeuge gelten folgende Referenzunfälle:
Vor der Gültigkeit dieser Norm waren lediglich die Energieaufnahmefähigkeit von Stoßeinrichtungen wie [[Puffer (Bahn)|Puffern]] sowie die Aufnahmefähigkeit von Längskräften des Wagenkastens definiert. Bei Zusammenstößen zweier Züge werden diese Kräfte bereits bei Geschwindigkeiten von 10 bis 15 Kilometern pro Stunde erreicht. Das Verhalten des Wagenkastens jenseits der Dimensionierungskraft war nicht geregelt; lediglich die Stirnwände sollten besonders widerstandsfähig ausgelegt werden. Bei Unfällen trat häufig ein Knick des Wagenkastens vor oder nach dem ersten Drehgestell auf; in anderen Fällen kletterte der Wagenkasten auf und löste sich von den Drehgestellen.<ref name="loeffler">[http://www.dmg-berlin.info/page/downloads/vortrag_loeffler.pdf ''DIN EN 15227 „Anforderungen für die Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen“ – Empfehlungen für Hersteller und Betreiber.''] (PDF; 2,4 MB) [[TU Dresden]], Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, 16. Juli 2008; Vortrag bei der [[Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft|Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft]]; abgerufen am 1. Mai 2015.</ref><ref name="janicki" /> Gerade bei Triebzügen resultierte daraus eine Gefährdung von Fahrgästen. In der Norm DIN EN 15227, die heute bei sämtlichen Neuzulassungen von Eisenbahn- und Straßenbahnfahrzeugen erfüllt sein muss, werden unterschiedliche Szenarien definiert, die ein Zug ohne Beeinträchtigung des Überlebensraums von Fahrer und Fahrgästen zu überstehen hat. Die Szenarien sind abhängig vom Fahrzeugtyp. Für Vollbahnfahrzeuge gelten folgende Referenzunfälle:
* Zusammenstoß mit einem stehenden baugleichen Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 36&nbsp;km/h
* Zusammenstoß mit einem stehenden baugleichen Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 36 km/h,
* Aufprall auf einen stehenden Güterwagen mit einer Masse von 80&nbsp;t bei einer Geschwindigkeit von 36&nbsp;km/h
* Aufprall auf einen stehenden Güterwagen mit einer Masse von 80 t bei einer Geschwindigkeit von 36 km/h,
* Kollision mit einem [[Lastkraftwagen]] an einem [[Bahnübergang]] bei einer Geschwindigkeit von 110&nbsp;km/h (mit 15&nbsp;t im Trefferbereich)
* Kollision mit einem [[Lastkraftwagen]] an einem [[Bahnübergang]] bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h (mit 15 t Hindernismasse im Trefferbereich) und
* Kollision mit einem [[Pkw]] an einem Bahnübergang<ref name="janicki" />
* Kollision mit einem [[Pkw]] an einem Bahnübergang.<ref name="janicki" />
Straßenbahnfahrzeuge haben gemäß EN 15227 folgende Parameter zu erfüllen:
Straßenbahnfahrzeuge haben gemäß EN 15227 folgende Parameter zu erfüllen:
* Zusammenstoß mit einem stehenden baugleichen Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 15&nbsp;km/h
* Zusammenstoß mit einem stehenden baugleichen Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 15 km/h und
* Aufprall auf einen festen Hindernis mit einer Masse von 3&nbsp;t bei einer Geschwindigkeit von 25&nbsp;km/h und einem Winkel von 45°<ref name="SER" />
* Aufprall auf ein festes Hindernis mit einer Masse von 3 t in einem Winkel von 45° bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h.<ref name="SER" />


Fahrzeugen können dabei in verschiedene Kollisionssicherheits-Auslegungskategorien C-I bis C-IV eingeordnet werden. So ist in Kategorie C-I ein Aufprall mit 36 km/h vorgesehen, in Kategorie C-III dagegen mit maximal 25 km/h (bei den Szenarien 1 und 2 für baugleiches Fahrzeug oder stehenden Güterwagen).<ref>{{cite web|url=http://www.dmg-berlin.info/page/downloads/vortrag_loeffler.pdf|title=DIN EN 15227 „Anforderungen für die Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen“ - Empfehlungen für Hersteller und Betreiber|publisher=TU Dresden|date=2008-07-16|author=Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Günter Löffler (Professur für Technik spurgeführter Fahrzeuge)}}</ref>
Fahrzeugen können dabei in verschiedene Kollisionssicherheits-Auslegungskategorien C-I bis C-IV eingeordnet werden. So ist in Kategorie C-I ein Aufprall mit 36 km/h vorgesehen, in Kategorie C-III dagegen ein Aufprall mit maximal 25 km/h.<ref>{{cite web|url=http://www.dmg-berlin.info/page/downloads/vortrag_loeffler.pdf|title=DIN EN 15227 „Anforderungen für die Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen“ - Empfehlungen für Hersteller und Betreiber|publisher=TU Dresden|date=2008-07-16|author= Günter Löffler (Professur für Technik spurgeführter Fahrzeuge)}}</ref>


Vor Inkrafttreten der Norm war der Kopf eines Fahrzeugs nahtlos in die Wagenkastenstruktur integriert. Bei heutigen Schienenfahrzeugen schließt die eigentliche Wagenkastenstruktur bereits vor dem Führerstand ab. Der Führerstand befindet sich nun in einem Sicherheitskäfig, der kontrolliert verformt wird und das Überleben des Fahrzeugführers sichert. Bei Triebwagen befinden sich nun an jedem Wagenkasten, insbesondere zwischen den einzelnen Wagen, Deformationszonen und Elemente zum [[Aufkletterschutz]], damit die Aufprallenergie über den gesamten Zug verteilt werden kann und Knicke im Wagenkasten vermieden werden.<ref name="galea">[http://voith.com/de/produkte-leistungen/antriebstechnik/scharfenberg-kupplungen/galea-crashkonzept-13744.html ''Galea-Crashkonzept.''] [[Voith (Unternehmen)|Voith]], abgerufen am 1.&nbsp;Mai 2015. <!-- zwischenzeitlich geändert! --></ref><ref name="janicki" />
Vor Inkrafttreten der Norm war der Kopf eines Fahrzeugs nahtlos in die Wagenkastenstruktur integriert. Bei heutigen Schienenfahrzeugen schließt die eigentliche Wagenkastenstruktur bereits vor dem Führerstand ab. Der Führerstand befindet sich nun in einem Sicherheitskäfig, der kontrolliert verformt wird und das Überleben des Fahrzeugführers sichert. Bei Triebwagen befinden sich nun insbesondere an den Wagenkastenenden Deformationszonen und Elemente zum [[Aufkletterschutz]], damit die Aufprallenergie über den gesamten Zug verteilt werden kann und Knicke in den Wagenkästen vermieden werden können.<ref name="galea">[http://voith.com/de/produkte-leistungen/antriebstechnik/scharfenberg-kupplungen/galea-crashkonzept-13744.html ''Galea-Crashkonzept.''] [[Voith (Unternehmen)|Voith]], abgerufen am 1. Mai 2015. <!-- zwischenzeitlich geändert! --></ref><ref name="janicki" />


<gallery mode="packed" heights="120" caption="Auswirkungen von DIN EN 15227 auf das Design von Triebzügen">
<gallery mode="packed" heights="120" caption="Auswirkungen von DIN EN 15227 auf das Design von Triebzügen">
Stralsund, Hauptbahnhof (2013-02-13), by Klugschnacker in Wikipedia (4).JPG|[[Stadler Flirt]] in konventioneller Bauweise&nbsp;…
Stralsund, Hauptbahnhof (2013-02-13), by Klugschnacker in Wikipedia (4).JPG|[[Stadler Flirt]] in konventioneller Bauweise …
DB 1428 007 02 Essen Hbf.JPG|…&nbsp;Stadler Flirt&nbsp;3 mit crashoptimiertem Kopfmodul
Clp 20150324 4307 94 80 1428 007-7 D-DB Essen Hbf.jpg|… Stadler Flirt 3 mit crashoptimiertem Kopfmodul
Bf Alsdorf Poststraße.jpg|[[Bombardier Talent]] in konventioneller Bauweise&nbsp;…
Bf Alsdorf Poststraße.jpg|[[Bombardier Talent]] in konventioneller Bauweise …
DBAG Baureihe 442.JPG|…&nbsp;[[Bombardier Talent&nbsp;2]] mit crashoptimiertem Kopfmodul
DBAG Baureihe 442.JPG|… [[Bombardier Talent 2]] mit crashoptimiertem Kopfmodul
20070606-Piraeus-Desiro GTW.jpg|[[Siemens Desiro Classic]] in konventioneller Bauweise&nbsp;…
20070606-Piraeus-Desiro GTW.jpg|[[Siemens Desiro Classic]] in konventioneller Bauweise …
Desiro ML.JPG|…&nbsp;[[Siemens Desiro&nbsp;ML]] mit crashoptimiertem Kopfmodul
Desiro ML.JPG|… [[Siemens Desiro ML]] mit crashoptimiertem Kopfmodul
Alstom Coradia LIREX (440 202-0).JPG|[[Alstom Coradia Continental]], Baureihe&nbsp;440 in konventioneller Bauweise&nbsp;…
Alstom Coradia LIREX (440 202-0).JPG|[[Alstom Coradia Continental]], Baureihe 440 in konventioneller Bauweise …
BR1440.3.jpg|…&nbsp;Alstom Coradia Continental, Baureihe&nbsp;1440 mit crashoptimiertem Kopfmodul
BR1440.3.jpg|… Alstom Coradia Continental, Baureihe 1440 mit crashoptimiertem Kopfmodul
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Aktuelle Version vom 5. September 2024, 20:14 Uhr

Wagenkasten eines Triebzuges der Reihe Z 8100 der SNCF in Differentialbauweise

Als Wagenkasten, Fahrzeugkasten[1] oder Lokomotivkasten wird der Aufbau eines Eisenbahnwagens, eines Triebwagens oder einer Lokomotive bezeichnet. Wagen- oder Lokomotivkästen können auf einem Rahmen aufgebaut oder selbsttragend ausgeführt, auf der Wagenkastenabstützung des Drehgestells gelagert, sein.

Der Begriff Wagenkasten wurde ursprünglich auch für den Aufbau jedes mehrspurigen Gefährts, wie z. B. Kutschen oder Pferdewagen, verwendet.

In den Anfangsjahren der Eisenbahn wurden Eisenbahnwagen vollständig aus Holz gefertigt. Diese Bauweise wird Holzbauweise genannt.[2] In den 1850er Jahren ging man in England dazu über, das Untergestell aus Eisen herzustellen, da aufgrund der höheren Fahrzeuggewichte und Fahrgeschwindigkeiten die Belastungen größer wurden.[3] Die Steifigkeit des Wagenrahmens wurde durch Einbau eines Sprengwerks erhöht. Die zwischenzeitlichen Weiterentwicklungen der Eisenwalztechnik machten dies möglich. Zum Fügen der Einzelteile wurden hauptsächlich Kaltfügeverfahren, wie z. B. Nieten und Schrauben, verwendet. Für den Wagenaufbau wurde jedoch mehrheitlich weiterhin Holz als Werkstoff verwendet, da dieser einfacher zu bearbeiten und kostengünstiger verfügbar war.[3][4]

Diese Mischbauweise wurde bis Anfang des 20. Jahrhunderts verwendet. Ab 1906 wurden in den USA die ersten vollständig aus Stahl gefertigten Wagen, sogenannte Ganzstahlwagen, von der Pennsylvania Railroad beschafft.[3][4][5] Hintergrund dieser Entwicklung war die unfallbedingte Gefährdung von Fahrgästen durch splitternde und brennende Holzaufbauten. Außerdem machte sich ein Mangel an geeignetem Holzbaustoff bemerkbar. An den verwendeten Kaltfügetechniken für Metalle änderte sich zunächst nichts.[4]

Die Ganzstahl-Wagenkästen waren aufgrund der verwendeten Kaltfügetechniken relativ schwergewichtig. Ab den 1920er Jahren standen geeignete Schweißverfahren zur Verfügung, die zunächst im Güterwagenbau eingesetzt wurden. Die seinerzeitige Bauweise aus geschweißtem Innengerippe und dünnblechiger Beplankung bildet die klassische Differentialbauweise.

Durch diese viel leichtere Stahlbauweise kam auch der erste Leichtstahlwagen zustande.[6] So wog der von der SWS entwickelte rahmenlose Leichtstahlwagen-Prototyp für die SBB aus dem Jahr 1935 nur noch 25 Tonnen (Serienausführung 29 bis 30 Tonnen), während ein vergleichbarer Wagen in der herkömmlichen Bauweise mit Rahmen und Stahlkasten in der Regel um die 40 Tonnen wog. Diese selbsttragende Bauweise setzt jedoch qualitativ hochwertige Schweißnähte voraus und konnte sich daher erst nach dem Zweiten Weltkrieg flächendeckend durchsetzen. Wagen mit hölzernem Aufbau erhielten häufig ab den 1950er Jahren mittels Differentialbauweise einen neuen stählernen Wagenkasten, wodurch u. a. die Umbau-Wagen der Deutschen Bundesbahn sowie die Spantenwagen der Österreichischen Bundesbahnen entstanden.

Als in den 1960er Jahren die ersten großen Strangpressprofile hergestellt werden konnte, die bis in den 1980er und 1990er Jahren immer größere Abmessungen erreichten, wurde die sogenannte Integralbauweise entwickelt. Seit den 1980er Jahren löste diese Aluminium-Integralbauweise die Differentialbauweise und vor allem den Werkstoff Stahl beim Bau von Wagenkästen für Schienenfahrzeuge des Personenverkehrs weitgehend ab.[3] Beim ICE 4 wurde hingegen wieder auf eine Stahl-Differentialbauweise gesetzt, um eine einfachere und schnellere Unfallinstandsetzung zu erreichen und somit die Fahrzeugverfügbarkeit zu erhöhen.[7]

Sie ist die älteste Bauweise. Hierbei wird zuerst ein massiver Rahmen (auch Untergestell genannt) angefertigt, der alle Zug- und Stoßkräfte aufnimmt, und an dem auch das Laufwerk sowie die Zug- und Stoßvorrichtung befestigt werden. In der Frühzeit der Eisenbahnen waren für Wagenrahmen zunächst auch Harthölzer und Gusseisen verwendet worden, die sich aber beide nicht bewährt hatten. Der Rahmen ist daher in der Regel aus vernieteten, verschraubten oder verschweißten Stahlträgern gefertigt. Auf diesen Rahmen wird der eigentliche Wagenkasten bzw. Wagenaufbau gesetzt. Da der Aufbau nur sich in sich stabil sein muss, kann dieser kann viel leichter ausgeführt sein als der sämtliche Zug- und Stoßkräfte aufnehmende Rahmen. Diese fragilen Aufbauten hatten allerdings bei Unfällen regelmäßig dazu geführt, dass hölzerne Wagenkästen vom Untergestell abgetrennt und regelrecht zertrümmert wurden. In der Folge fertigte man auch die Wagenkästen aus Stahlblech, was den Wagen zwar insgesamt stabiler aber auch viel schwerer machte.

Die Rahmenbauweise ist auch heute noch bei Güterwagen üblich.

Selbsttragende Bauweise

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Unter selbsttragender Bauweise versteht man die Verwendung eines Wagenkastens, der keinen besonderen Rahmen bzw. Untergestell besitzt; der Wagenkasten selbst nimmt sämtliche Zug- und Stoßkräfte auf. Er ist dabei in der Regel wie eine Vierkant-Röhre aufgebaut: seitlich werden Öffnungen in Form von Türen und Fensterbändern eingebracht, unten befinden sich Flansche zur Aufnahme des Fahrgestells, vorne und hinten Aufnahmen für Wagenpuffer und Wagenkupplung.

Heute sind selbsttragende Wagenkästen die Regel, dabei wird zwischen drei Bauweisen unterschieden:

Differentialbauweise

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Blick in das Innere des Wagenkastens eines SBB-Leichtstahlwagens aus der Rohbauphase, 1937

Bei der Differential-[8] oder Rohkastenbauweise[9] wird zunächst ein tragendes Stahl- oder Aluminiumskelett erstellt, auf das anschließend Bleche zur Beplankung aufgebracht werden. Die Differentialbauweise ist das einfachste und kostengünstigste Verfahren zur Erstellung eines Wagenkastens. Dies hat folgende Gründe:

  • Es können auf Elementebene standardisierte Metall-Halbzeuge (z. B. Bleche) verwendet werden.
  • Die Werkzeugkosten für die Fertigung sind gering, u. a. weil einfache Fertigungstechnologien verwendet werden können.
  • Instandsetzungen sind relativ einfach möglich. So können die nach einem Unfall verbeulten Außenbleche ausgetauscht werden. Die dazu notwendigen Schrauben sind entweder durch Leisten verdeckt oder außerhalb des eigentlichen Sichtbereichs angeordnet.[9]

Nachteilig wirkt sich die hohe Anzahl von Einzelteilen auf den Fertigungsaufwand aus. Aufgrund des Wärmeeintrags beim Schweißen können Bauteile einen Verzug aufweisen und müssen daher im Anschluss nachgearbeitet werden (Richten, Spannungsarmglühen, Schleifen, Spachteln).

Heute wird die Differentialbauweise bei Vollbahnen nurmehr für Lokomotiven, Kleinserien und besondere Konstruktionen verwendet; bei Straßenbahnen hingegen ist sie noch immer weit verbreitet, um nach Unfällen eine einfachere und kostengünstige Reparatur gewährleisten zu können.[8] Ferner erlaubt die Differentialbauweise dünnwandigere Wagenkästen als die Integralbauweise, was insbesondere bei Fahrzeugen mit schmaler Fahrzeugbegrenzungslinie – wie es Straßenbahnfahrzeuge in der Regel sind – von Bedeutung ist.[10]

Integralbauweise

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Die ICE 3 weisen Wagenkästen in Integralbauweise auf; die stromlinienförmigen Köpfe sind in Differentialbauweise ausgeführt

Bei der Integralbauweise werden Strangpressprofile eingesetzt, die sich über die gesamte Länge des Wagenkastens erstrecken und Breiten von etwa einem halben Meter aufweisen. Die einzelnen Profile werden mithilfe von Längsschweißungen verbunden. Zuvor werden mittels Fräsmaschine Aussparungen für Fenster, Türen, Durchbrüche, Lüftungsgitter etc. erstellt. Nach dem Zusammenschweißen werden diese Ausschnitte erneut mittels Fräsmaschine auf ihr jeweiliges Nennmaß aufgeweitet. Die Wagenkastenunterseite wird ebenfalls aus Strangpressprofilen hergestellt, sodass ein selbsttragender Wagenkasten entsteht. An der Unterseite werden Nuten erstellt, um den Wagenkasten auf die Drehgestelle aufsetzen und Bauteile wie Transformatoren oder Fahrmotoren im Unterboden anbringen zu können. Die Steifigkeit des Wagenkastens wird bei der Integralbauweise durch die Struktur der Strangpressprofile erreicht, sodass keine zusätzlichen tragenden Elemente notwendig sind und eine Leichtbauweise ermöglicht wird.[8]

Vorteile der Integralbauweise sind:

  • Gegenüber der Differentialbauweise ist der Fertigungsaufwand geringer.
  • Die Fertigung ist weitgehend automatisierbar.
  • Durch individuelle Gestaltung der Strangpressprofile ist ein komplexes Außendesign möglich.

Dem gegenüber stehen folgende Nachteile:[3]

  • Strangpressprofile können nur aus Aluminium gefertigt werden und sind daher mit hohen Material- und Werkzeugkosten verbunden.
  • Die Fertigung großer Strangpressprofile mit komplexen Geometrien ist anspruchsvoll.
  • Der Querschnitt des Strangpressprofils ist über die Länge durchgehend, wodurch keine Steifigkeitsänderungen und daher kaum weiteres Leichtbaupotenzial möglich sind.
  • Die Festigkeit von Aluminium-Schweißverbindungen ist gegenüber dem ungestörten Werkstoff in der Regel deutlich geringer.
  • Die Unfallinstandsetzung ist mit einem hohen Aufwand verbunden.

Die Integralbauweise wird heute meist im Trieb- und Reisezugwagenbau für Wagenkästen eingesetzt. Wirtschaftlich wird die Integralbauweise vor allem bei großen Serien, wodurch sich der hohe Aufwand für die Entwicklung und Fertigung von Strangpressprofilen amortisiert.[3]

Verbundbauweise

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Der von Hyundai Rotem hergestellte Tilting Train Express verfügt über Wagenkästen in Hybridbauweise

Die Verbundbauweise ähnelt der Differentialbauweise: Auf ein tragendes Gerüst aus metallischen Werkstoffen werden nichttragende Verkleidungen angebracht; diese bestehen jedoch im Gegensatz zur Differentialbauweise aus nichtmetallischen Werkstoffen.[8] Ebenfalls der Verbundbauweise zugeordnet werden kann die Hybridbauweise; auf ein Stahlgerippe werden Beplankungen aufgebracht, die aus Aluminium oder kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen bestehen können. Im Zuge von Leichtbaubestrebungen wird diese Bauweise als vielversprechend angesehen. So konzipierte beispielsweise das DLR mit dem Next Generation Train einen Zug mit einer wabenförmigen Wagenkastenstruktur, die an jedem Wagenende durch unter Kollisionseinwirkung deformierbare Bereiche ergänzt wird.[11][12]

Crashoptimierung

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In jüngerer Vergangenheit wurden Wagenkastenkonstruktionen kontinuierlich nach Unfallsicherheitsaspekten optimiert. Ausgangspunkt für diese Entwicklung stellte die Veröffentlichung der Norm EN 15227 mit dem Titel „Anforderungen für die Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen“ Mitte des Jahres 2008 dar.[13] Diese Norm hat eine Reihe von Vorgängern. Entscheidend war das von der Europäischen Kommission und der UIC finanzierte Forschungsprojekt SAFETRAIN, das 2011 endete. Aus einer europaweiten Analyse der Kollisionsunfälle wurden Referenz-Kollisionsunfälle abgeleitet, welche einen Großteil aller Kollisionsunfälle abdecken. Computersimulationen ermittelten hieraus die optimale Anordnung der energieabsorbierenden Bauteile. Diese Ergebnisse wurden mit Crash-Versuchen validiert und 2008 in der (seit 2000 bestehenden) Norm DIN EN 12663-1 „Festigkeitsanforderungen an Wagenkästen von Schienenfahrzeugen“ veröffentlicht.[14] SAFETRAIN richtete den Blick auf Vollbahnen, sodass andere Szenarien in weiteren Projekten wie SAFETRAM bis 2004 und SAFEINTERIORS bis 2010 betrachtet wurden.[14]

Vor der Gültigkeit dieser Norm waren lediglich die Energieaufnahmefähigkeit von Stoßeinrichtungen wie Puffern sowie die Aufnahmefähigkeit von Längskräften des Wagenkastens definiert. Bei Zusammenstößen zweier Züge werden diese Kräfte bereits bei Geschwindigkeiten von 10 bis 15 Kilometern pro Stunde erreicht. Das Verhalten des Wagenkastens jenseits der Dimensionierungskraft war nicht geregelt; lediglich die Stirnwände sollten besonders widerstandsfähig ausgelegt werden. Bei Unfällen trat häufig ein Knick des Wagenkastens vor oder nach dem ersten Drehgestell auf; in anderen Fällen kletterte der Wagenkasten auf und löste sich von den Drehgestellen.[15][8] Gerade bei Triebzügen resultierte daraus eine Gefährdung von Fahrgästen. In der Norm DIN EN 15227, die heute bei sämtlichen Neuzulassungen von Eisenbahn- und Straßenbahnfahrzeugen erfüllt sein muss, werden unterschiedliche Szenarien definiert, die ein Zug ohne Beeinträchtigung des Überlebensraums von Fahrer und Fahrgästen zu überstehen hat. Die Szenarien sind abhängig vom Fahrzeugtyp. Für Vollbahnfahrzeuge gelten folgende Referenzunfälle:

  • Zusammenstoß mit einem stehenden baugleichen Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 36 km/h,
  • Aufprall auf einen stehenden Güterwagen mit einer Masse von 80 t bei einer Geschwindigkeit von 36 km/h,
  • Kollision mit einem Lastkraftwagen an einem Bahnübergang bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h (mit 15 t Hindernismasse im Trefferbereich) und
  • Kollision mit einem Pkw an einem Bahnübergang.[8]

Straßenbahnfahrzeuge haben gemäß EN 15227 folgende Parameter zu erfüllen:

  • Zusammenstoß mit einem stehenden baugleichen Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 15 km/h und
  • Aufprall auf ein festes Hindernis mit einer Masse von 3 t in einem Winkel von 45° bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h.[9]

Fahrzeugen können dabei in verschiedene Kollisionssicherheits-Auslegungskategorien C-I bis C-IV eingeordnet werden. So ist in Kategorie C-I ein Aufprall mit 36 km/h vorgesehen, in Kategorie C-III dagegen ein Aufprall mit maximal 25 km/h.[16]

Vor Inkrafttreten der Norm war der Kopf eines Fahrzeugs nahtlos in die Wagenkastenstruktur integriert. Bei heutigen Schienenfahrzeugen schließt die eigentliche Wagenkastenstruktur bereits vor dem Führerstand ab. Der Führerstand befindet sich nun in einem Sicherheitskäfig, der kontrolliert verformt wird und das Überleben des Fahrzeugführers sichert. Bei Triebwagen befinden sich nun insbesondere an den Wagenkastenenden Deformationszonen und Elemente zum Aufkletterschutz, damit die Aufprallenergie über den gesamten Zug verteilt werden kann und Knicke in den Wagenkästen vermieden werden können.[17][8]

Einzelnachweise

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  1. DIN EN 15380-2:2006 Bahnanwendungen - Kennzeichnungssystematik für Schienenfahrzeuge - Teil 2: Produktgruppen
  2. Wagenkasten. In: Lexikon Eisenbahn. 6., bearbeitete und ergänzte Auflage. transpress, Berlin 1981, S. 869.
  3. a b c d e f Thomas Gerhard, Gerd Meyer, Klaus Altenburg: Revolution oder Evolution? – Betrachtungen zu Werkstoff- und Bauweisenentwicklung für Schienenfahrzeuge. In: ETR - Eisenbahntechnische Rundschau. Band 51, Heft 1-2. Hestra-Verlag, Hamburg 2002, S. 13–23.
  4. a b c Biber: Personenwagen. In: Freiherr v. Röll (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Band 8, 1917, S. 17 ff. (zeno.org [abgerufen am 5. Oktober 2022]).
  5. o. V.: FIRST ALL-STEEL CARS FOR PENNSYLVANIA TUBE; They Are to be Fire, Collision, Heat, and Noise Proof. ONE IS NOW BEING TESTED Lighting Will Be Electric, and All Fittings and Furnishings Are to be Non-Combustible. In: nytimes.com. The New York Times, 12. August 1906, abgerufen am 5. September 2024 (englisch).
  6. Leichtstahlwagen der Schweizerischen Bundesbahnen: gebaut von der Schweiz. Wagons- und Aufzügefabrik Schlieren.
    Schweizerische Bauzeitung, Band 110 (1937), Heft 2 (Teil 1) (E-Periodica, PDF; 1.4 MB)
    Schweizerische Bauzeitung, Band 110 (1937), Heft 10 (Teil 2) (E-Periodica, PDF; 3,6 MB)
  7. Andreas Büttner, Christian Bischoff, Ulrich Höbel: Der ICx – Eine neue Ära im Fernverkehr der Deutschen Bahn. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Eurailpress, September 2011, S. 36–41.
  8. a b c d e f g Jürgen Janicki, Horst Reinhard, Michael Rüffner: Schienenfahrzeugtechnik. Bahn-Fachverlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-943214-07-9.
  9. a b c Iwainsky Heinz: Zum Unfallverhalten von Strassenbahnen – der neue „Tango“ für die TPG nach „Crash-Norm“. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 1/2012. Minirex, ISSN 1022-7113, S. 136–137.
  10. Patrik Kobler: Stadler bringt die Züge zum Tanzen: Hier entstehen die neuen Wagen der Appenzeller Bahnen. In: Appenzeller Zeitung vom 21. April 2018
  11. Handout Wagenkasten in Leichtbauweise. (PDF; 449 kB) Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, abgerufen am 23. März 2015.
  12. Joachim Winter: Neue Bauweisen beim Next Generation Train. (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) (PDF) Institut für Schienenfahrzeuge und Fördertechnik der RWTH Aachen, abgerufen am 23. März 2015.
  13. Mehr Sicherheit auf europäischen Schienen – Neue Europäische Norm zur Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen erschienen. Deutsches Institut für Normung, 27. August 2008, archiviert vom Original am 14. Juli 2015; abgerufen am 1. Mai 2015.
  14. a b Kollisionssicherheit bei Schienenfahrzeugen. Forschungsinformationssystem Mobilität und Verkehr der TU Berlin, 23. März 2017;.
  15. DIN EN 15227 „Anforderungen für die Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen“ – Empfehlungen für Hersteller und Betreiber. (PDF; 2,4 MB) TU Dresden, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, 16. Juli 2008; Vortrag bei der Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft; abgerufen am 1. Mai 2015.
  16. Günter Löffler (Professur für Technik spurgeführter Fahrzeuge): DIN EN 15227 „Anforderungen für die Kollisionssicherheit von Schienenfahrzeugkästen“ - Empfehlungen für Hersteller und Betreiber. TU Dresden, 16. Juli 2008;.
  17. Galea-Crashkonzept. Voith, abgerufen am 1. Mai 2015.