Wertgesetz

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Das Wertgesetz bezeichnet in der marxistischen Wirtschaftstheorie das Gesetz, gemäß dem die in Marktwirtschaften oder in einer „warenproduzierenden Gesellschaft“[1] voneinander unabhängigen, aber wirtschaftlich doch wechselseitig voneinander abhängigen Warenproduzenten koordiniert werden. Ein solches Gesetz ist notwendig, da Marktwirtschaften keinem gesamtwirtschaftlichen Plan folgen, das Wertgesetz übernimmt die Steuerung.[1]

Dieses Wertgesetz wirkt „ohne den Beteiligten zum Bewusstsein zu kommen“, „nach Art eines Naturgesetzes“.[2] Ähnlich wie ein Naturgesetz muss auch das Wertgesetz durch wissenschaftliche Untersuchungen - Wirtschaftswissenschaft - erschlossen werden. Die tatsächlich zu beobachtenden Marktpreise weichen in der Regel von ihrem theoretisch zu erwartenden Wert ab. Der Konkurrenzkampf, der auch zum Untergang einzelner Produzenten führen kann, bewirkt, dass die Marktpreise zu ihren theoretisch zu erwartenden Werten, die auch als Gleichgewichtswerte[3] bezeichnet werden, tendieren, um diese Werte „gravitieren“.[4]

Auch in der „bürgerlichen“ Wirtschaftstheorie folgt die Koordinierung der Wirtschaftsssubjekte bestimmten ökonomischen Gesetzmäßigkeiten (vgl. etwa die unsichtbare Hand von Adam Smith). Die bürgerliche Wirtschaftstheorie bewertet diese Gesetzmäßigkeiten aber anders als Marx, der sie kritisch bewertet. Außerdem kommt sie zu anderen Gesetzen als Marx, der das Wertgesetz gemäß der Arbeitswertlehre erklärt.

Abgrenzung Wertgesetz und Arbeitswertlehre

Im Das Kapital untersucht Marx im großen Ganzen den kapitalistischen Prozess ohne Einflüsse von Staat. Die Preise der Waren, auch der Ware „Arbeitskraft“, werden zunächst durch die Arbeitswerte bestimmt. Auf einer weiterentwickelten Stufe der Betrachtung stellen sich die in bestimmter Weise definierten Produktionspreise als Bestimmungsgröße der Preise heraus.

Unter dem Begriff „Wertgesetz“ wird dagegen untersucht, welche Ursachen, zum Beispiel staatliches Handeln, dieses Wertgesetz stören, außer Kraft setzen oder verändern können. So ist etwa der Weltmarkt nicht einfach ein einziger großer Markt, wie noch im „Kapital“ angenommen, sondern es sind die verschiedenen Staaten und ihre Politik zu berücksichtigen.

Das Wertgesetz bei Friedrich Engels

In „Ergänzung und Nachtrag zum III. Buche des ‚Kapital‘“ begrenzt Friedrich Engels den Begriff „Marxsches Wertgesetz“ auf die sog. einfache Warenproduktion. Die einfache Warenproduktion ist dabei als eine warenproduzierende Einklassengesellschaft gedacht, in welcher die Produzenten, Handwerker oder Bauern, ihre Produkte gemäß den Arbeitswerten tauschen.[5] Die Arbeitswertlehre gilt genau.

In der kapitalistischen Produktionsform wird das Wertgesetz modifiziert.

Erstens gibt es jetzt zwei Klassen, Arbeiter und Kapitalisten. Die Arbeiter verkaufen ihre Ware, die Arbeitskraft, zu ihrem Wert an die Kapitalisten. Im Produktionsprozess wird aber ein Wert geschaffen, der größer ist als der Wert der Arbeitskraft. Dieser Unterschied verbleibt als Mehrwert bei den Kapitalisten.

Zweitens bildet sich zwischen den Branchen eine allgemeine Profitrate heraus, die dazu führt, dass die Preise nicht mehr unmittelbar duch die Arbeitswerte (Wewtgesetz im engeren Sinne), sondern durch bestimmt definierte Produktionspreise bestimmt werden.[6]

Das Wertgesetz in der „Weltmarkdebatte“

Spätere marxistische Autoren sprechen auch dann vom „Wertgesetz“, wenn die Warenpreise durch die Produktionspreise bestimmt werden und untersuchen dann, ob und wie dies verändert werden kann.

In der sog. „Weltmarktdebatte“ der 70er Jahre[7] erscheint der Begriff „Wertgesetz“ insbesondere im Zusammenhang mit Planwirtschaften oder mit staatlicher Wirtschaftspolitik. Können Zentralverwaltungswirtschaften das naturwüchsig wirkende Wertgesetz durch bewusste Planung ersetzen oder nicht? Setzt sich über die Konkurrenz des Weltmarktes das Wertgesetz letztlich auch in Zentralverwaltungswirtschaften durch? Können Konzerne (Monopole, Oligopole) oder die Wirtschaftspolitik des Staates das Wertgesetz verändern oder aufheben? Bildet sich weltweit eine einheitliche allgemeine Profitrate heraus oder bleiben nationale Unterschiede bestehen?

In dem Maße wie sich das Wertgesetz weltweit durchsetzt, wie es weltweit zu einer einheitlichen allgemeinen Profitrate kommt (was umstritten ist), werden nicht nur national, sondern auch weltweit die Einzelkapitale zu einem „reellen“ Gesamtkapital zusammengeschlossen, soll heißen, dass sich die Einzelkapitale wie ein einziges gesellschaftliches Gesamtkapital verhalten.[8]

Staatliche Politik, zum Beispiel durch nationale Zölle oder Wechselkurspolitik, aber auch internationale Konzerne, durch Marktmacht, können das Wertgesetz grundsätzlich verändern.[9]

Zitate aus Karl Marx' „Das Kapital“

In der Schrift "Das Kapital" von Karl Marx wird u. a an zwei Stellen eine klassische Formulierung des Wertgesetzes bzw. der Arbeitswerttheorie vorgenommen:

"Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert. Umgekehrt, je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die zur Herstellung eines Artikels notwendige Arbeitszeit, desto größer sein Wert."[10]

"In welcher Weise immer die Preise der verschiedenen Waren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen"[11]

Weiterhin betonte Marx diesbezüglich:"Der Austausch oder Verkauf der Ware zu ihrem Wert ist das Rationelle, das natürliche Gesetz ihres Gleichgewichts; von ihm ausgehend, sind die Abweichungen zu erklären..."[3]

Politische Schlussfolgerungen

Im Gegensatz zum Keynesianismus, aber nicht unähnlich marktkonformen Auffassungen, kann nach marxistischer Auffassung das Wertgesetz durch staatliche Eingriffe nicht dauerhaft verändert werden. Marx hält Gewerkschaften für notwendig, doch „sollte die Arbeiterklasse die endgültige Wirksamkeit dieser tagtäglichen Kämpfe nicht überschätzen. Sie sollte nicht vergessen, dass sie gegen Wirkungen kämpft, nicht aber gegen die Ursachen dieser Wirkungen;...“ [12]

Einzelnachweise

  1. a b Busch 1974, S. 13ff.
  2. Friedrich Engels: Ergänzung und Nachtrag zum III. Buche des "Kapital". In: Karl Marx, Das Kapital. Dritter Band. In: MEW, Band 25, S. 908ff.
  3. a b Karl Marx, Das Kapital, Band III, in: Marx/Engels, Werke, Band 25, Berlin 1964, S. 197
  4. Friedrich Engels, MEW, Band 25, S. 909
  5. Vgl. Arthur S. 18.
  6. Friedrich Engels, MEW, Band 25, S. 909, 916
  7. ten Brink 2008, S. 119ff..
  8. Neusüss 1972, S. 123.
  9. Vgl. ten Brink 2008, S. 123f.
  10. Karl Marx, Das Kapital, Band I, S. 55
  11. Karl Marx, Das Kapital, Band III, in: Marx/Engels, Werke, Band 25, Berlin 1964, S. 186
  12. Karl Marx (1865): Lohn, Preis und Profit. MEW 16, S. 152.

Literatur

deutsch

  • Klaus Busch, Die multinationalen Konzerne. Zur Analyse der Weltmarktbewegung des Kapitals. Frankfurt am Main, 1974.
  • Henrike Hilwig, Wertgesetz und Wirtschaftssystem - Probleme der Preisbildung in warenproduzierenden Gesellschaften. Frankfurt: Campus, 1977.
  • Christel Neusüss: Imperialismus und Weltmarktbewegung des Kapitals. Erlangen, 1972.
  • Tobias ten Brink, Staatenkonflikte. Stuttgart, Lucius & Lucius, 2008.

englisch

  • Samir Amin, The Law of Value and Historical Materialism. New York: Monthly Review Press, 1978
  • Thomas T. Sekine, The Necessity of the Law of Value, its Demonstration and Significance. [1]
  • W. Paul Cockshott and Allin F. Cottrell, "Value's Law, Value's Metric", September, 1994 [2]
  • Andrew J. Kliman, "The law of value and laws of statistics: sectoral values and prices in the US economy, 1977--97". Cambridge Journal of Economics, 2002, vol. 26, issue 3, pages 299-311.
  • Christopher J. Arthur, The new dialectic and Marx's Capital. Leiden, Bosten, Köln 2002.
  • Ian Wright, "The Emergence of the law of value in a dynamic simple commodity economy". To appear in Review of Political Economy [3].