Landkreis Heiligenstadt

Landkreis in preußischen Provinz Sachsen (1816-1945)

Der Landkreis Heiligenstadt war von 1816 bis 1945 ein Landkreis im Regierungsbezirk Erfurt der preußischen Provinz Sachsen. Kreissitz war die Stadt Heiligenstadt. Der Landkreis umfasste 1945 die beiden Städte Dingelstädt (Eichsfeld) und Heiligenstadt sowie 65 weitere Gemeinden.

Der Landkreis Heiligenstadt um 1900 im westlichen Eichsfeld

Verwaltungsgeschichte

Bearbeiten

Königreich Preußen

Bearbeiten
 
Der Kreis Heiligenstadt im Jahr 1840

Im Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen nach dem Wiener Kongress wurde zum 1. April 1816 der neue Kreis Obereichsfeld im Regierungsbezirk Erfurt der preußischen Provinz Sachsen eingerichtet. Sein Name wurde später in Kreis Heiligenstadt abgeändert. Das Landratsamt befand sich in Heiligenstadt.

Norddeutscher Bund / Deutsches Reich

Bearbeiten

Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich.

Zum 30. September 1929 fand im Kreis Heiligenstadt entsprechend der Entwicklung im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Nach Auflösung der Provinz Sachsen zum 1. Juli 1944 gehörte der Kreis zwar weiter zu Preußen, war aber nunmehr – in Angleichung an die Reichsverteidigungsbezirke – der Verwaltung des Reichsstatthalters für Thüringen in Weimar unterstellt.

Im April 1945 wurde das Kreisgebiet zunächst durch die amerikanischen Streitkräfte besetzt und dann Teil des Landes Thüringen in der Sowjetischen Besatzungszone.

Sowjetische Besatzungszone / Deutsche Demokratische Republik

Bearbeiten

Am 8. August 1945 wurden die Landkreise Worbis und Heiligenstadt zum Landkreis Eichsfeld mit Sitz in Heiligenstadt zusammengelegt.[1] Der Landkreis Eichsfeld gab am 30. September 1946 mehrere Gemeinden an die Landkreise Nordhausen sowie Mühlhausen ab und wurde in Landkreis Worbis umbenannt.[2] Der Kreissitz verblieb in Heiligenstadt. Am 25. Juli 1952 wurde der Landkreis Worbis wieder in die beiden neuen Kreise Worbis und Heiligenstadt aufgeteilt.[3]

Bundesrepublik Deutschland

Bearbeiten

Im Rahmen der kommunalen Neuordnung wurden 1994 die Kreise Worbis und Heiligenstadt zum Landkreis Eichsfeld zusammengeschlossen. Sitz der Verwaltung wurde Heiligenstadt. Worbis verlor seinen Status als Kreisstadt, behielt aber einige kreisliche Ämter.

Einwohnerentwicklung

Bearbeiten
Jahr Einwohner Quelle
1816 29.939 [4]
1843 40.099 [5]
1871 36.705 [6]
1890 38.319 [7]
1900 39.191 [7]
1910 42.502 [7]
1925 45.719 [7]
1933 48.553 [7]
1939 48.175 [7]

Kommunalverfassung bis 1945

Bearbeiten
 
Siegelmarke des Amtes Ershausen

Der Landkreis Heiligenstadt gliederte sich in Städte, in Landgemeinden und – bis zu deren vollständiger Auflösung im Jahre 1929 – in selbstständige Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Die Verwaltung für den Landkreis Heiligenstadt gliederte sich neben den beiden Städten Heiligenstadt und Dingelstädt in folgende Amtsbezirke bzw. Ortspolizeibezirke:[8]

  • Ershausen
  • Geismar
  • Geisleden
  • Kirchgandern
  • Kreuzeber
  • Martinfeld
  • Rengelrode
  • Rüstungen
  • Siemerode
  • Uder
  • Wahlhausen
  • Werleshausen

Amtsgerichte bestanden in Heiligenstadt und Dingelstädt.

Landräte

Bearbeiten
 
Das Mainzer Schloss in Heiligenstadt um 1906: Sitz der Verwaltung und zeitweise auch des königlich Preußischen Kreisgerichtes
  • 1816–1841 Anton von Bodungen (1761–1850)
  • 1841–1850 Friedrich Ernst von Hanstein-Ershausen auf Bornhagen
  • 1850–1857 Friedrich von Hanstein auf Bornhagen-Unterhof
  • 1857–1864 Alexander von Wussow (1820–1889)
  • 1864–1904 Sittig von Hanstein
  • 1904–1938 Fritz von Christen
  • 1938–1941 Hermann Marggraf
  • 1941–1943 Albert Leiterer (kommissarisch)
  • 1943–1945 Carl Wilhelm Renken (kommissarisch)
  • April–Juni 1945 Kliebe (amerikanische Besatzungszeit, abgesetzt)[9]
  • Juni–August 1945 Aloys Schaefer (amerikanische und sowjetische Besatzungszeit)

Städte und Gemeinden

Bearbeiten

Stand 1939

Bearbeiten
 
Straßenszene in Heiligenstadt um 1906

Der Landkreis Heiligenstadt umfasste im Jahre 1939 zwei Städte und 65 Gemeinden:[7]

Bis 1939 aufgelöste Gemeinden

Bearbeiten

Bis 1928 bestehende Gutsbezirke

Bearbeiten
 
Das Gut Oberstein bei Gerbershausen

Im Landkreis bestanden bis 1928 folgende selbständige Gutsbezirke (Stand 1908): Bernterode, Besenhausen, Birkenfelde Oberhof, Birkenfelde Steinerhof, Ershausen Oberförsterei, Geismar Schlosshof, Hessel, Keudelstein, Leinefelde Oberförsterei, Martinfeld Hinterhof, Martinfeld Vorderhof, Oberstein, Rothenbach, Rumerode, Siemerode, Steinheuterode, Unterstein, Wahlhausen Oberhof, Wahlhausen Unterhof, Werleshausen

Namensänderungen

Bearbeiten

In den 1930er-Jahren änderte sich die Schreibweise zweier Gemeinden:

  • Kreuzeber → Kreuzebra (1930)
  • Rheinholterode → Reinholterode (1935)
Bearbeiten
Commons: Landkreis Heiligenstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Landkreis Heiligenstadt auf den Seiten von Territoriale Veränderungen in Deutschland und deutsch verwalteten Gebieten 1874–1945 von Rolf Jehke

Literatur

Bearbeiten
  • Andreas Degenhardt, Mathias Degenhardt: Der Kreis Heiligenstadt während des Ersten Weltkriegs. In: EJb 19 (2011), S. 267–298.
  • Mathias Degenhardt: Der Kreis Heiligenstadt im Deutsch-Französischen Krieg. In: Eichsfelder Heimatzeitschrift. 57. Jg. (2013), Heft 6, S. 209–212.
  • Aloys Schäfer, Karl-Ernst Laage, Helmut Godehardt, Maria Hauf: Zur Verwaltungsgeschichte des Eichsfeldes. In: Unser Eichsfeld. 1. Jahrgang 1992, Heft 3, S. 121–145

sowie

  • Ehrhard Müller: Die Mühlen im Landkreis Heiligenstadt. Cordier, Heiligenstadt 1992, ISBN 3-929413-03-5, S. 44, Format > A5.
  • Torsten W. Müller: Das feuerlöschwesen des Kreises Heiligenstadt. In: Eichsfelder Heimatzeitschrift. 56. Jahrgang (2012), Heft 2, Verlag Mecke Duderstadt, S. 49–50.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Zweite Verordnung über die Kreiseinteilung des Landes Thüringen vom 8. August 1945
  2. Dreizehnte Verordnung über die Kreiseinteilung des Landes Thüringen vom 26. September 1946
  3. Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande Thüringen vom 25. Juli 1952
  4. Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Erfurt, S. 357 (Digitalisat [abgerufen am 5. Januar 2017]).
  5. Handbuch der Provinz Sachsen. Rubachsche Buchhandlung, Magdeburg 1843, S. 293 (Digitalisat [abgerufen am 6. Juli 2016]).
  6. Königlich Statistisches Büro Preußen (Hrsg.): Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Sachsen. Verlag d. Königl. Statist. Bureaus, Berlin 1873 (Digitalisat [abgerufen am 5. Juli 2016]).
  7. a b c d e f g Michael Rademacher: Landkreis Heiligenstadt. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  8. Gemeindeverzeichnis auf der Internetseite territorial.de
  9. Aloys Schäfer, Karl-Ernst Laage, Helmut Godehardt, Maria Hauf: Zur Verwaltungsgeschichte des Eichsfeldes. In: Unser Eichsfeld. 1. Jahrgang 1992, Heft 3, S. 130